GASTSPIEL IN DER HULLE

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gewiß mit Recht, den Eindruck hatte, daß das Ganze ein ab­gekartetes Spiel und meine Verhaftung eine im voraus be­schlossene Sache war.

Mit Hut und Mantel, und sonst nichts, verließ ich, hinter meinem Femrichter einhergehend und von seinen beiden Mörderknaben gefolgt, die im vierten Stockwerk gelegene Wohnung, in der meine Frau und ich durch zweiunddreißig Jahre gehaust hatten und in der unsere Tochter herangewach­sen war. Unten angelangt, begegnete mein Blick dem unserer Hausbesorgerin, die in einem Kreis neugieriger Weiber aus der Nachbarschaft stehend, mich angsterfüllt anstarrte, als ob ich zum Schafott geführt werden sollte. Hauptsächlich um sie zu beruhigen, sagte ich im Vorbeigehen zu ihr: ,, Sagen Sie, bitte, meiner Frau, daß ich am späten Nachmittag zurück sein werde." Ich kam fünf Monate später zurück, und diese fünf Monate verbrachte ich in Dachau , wohin ich nach einer Woche unschönen Polizeiarrests abgeschoben wurde.

Das Reiseziel ward nicht bekanntgegeben, und weder ich, noch meine Arrestkollegen, lauter ,, Politische", hatten auch nur im entferntesten daran gedacht, so zwar, daß, als mich der Gefängniswärter abholte, von allen Seiten Hände sich mir gratulierend entgegenstreckten, weil meine Mitgefangenen glaubten, daß ich auf freien Fuß gesetzt wäre. Aber schon die Tatsache, daß sich unter den mir abgenommenen und jetzt wieder ausgefolgten Gegenständen mein silbernes Taschen­messer nicht mehr befand, mußte mich stutzig machen. Da es als Waffe nicht in Betracht kam, konnte seine Zurückbehaltung nur den Sinn haben, einen Selbstmordversuch zu vereiteln. Diese zarte Rücksicht gab zu denken.

,, So, jetzt geht's auf die Reis", sagte tags darauf der neue Kerkermeister, ein gemütlicher Österreicher, durch die eisen­beschlagene Zellentüre tretend und seine kleine Herde zu­sammengetriebener Opfer überblickend. Aber wieder blieb das

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