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HITLERS GAST
Häscher unterbrach. Sie traten ohne anzuklopfen ein und waren ihrer drei: zwei junge Burschen in funkelnagelneuen Uniformen, offensichtlich neu eingekleidete Österreicher, und ihnen vorangehend ein breitgebauter Mann in mittleren Jahren mit einem Schlächtergesicht, das mich in unverkennbar norddeutscher Tonart anbellte:„, Geheime Deutsche Staatspolizei!" Wobei er die untere Rockklappe mit anmaßlicher Großartigkeit zurückschlug und etwas wie ein aufgenähtes Abzeichen sichtbar wurde. ,, Darf ich um Ihren Namen fragen?" sagte ich aufstehend. Worauf mir die bereits gebrüllte Antwort ward:„ Das dürfen Sie nicht!" Hierauf mit seinem Mörderblick ganz nah an mich herantretend, stellte er die typischen Nazifragen in der typischen Nazitonart, an die ich mich hinfort zu gewöhnen hatte. Die Nazi, wenn sie fragen, fragen nicht, sondern behaupten.
Erste Frage: ,, Sie sind Jude!"
Antwort: ,, Mein Vater war Arier!"
Zweite Frage: ,, Sie sind Freimaurer !"
Antwort: ,, Nie gewesen!"
Dritte Frage: ,, Sie sind Präsident des Pen- Club !" Antwort: ,, Das war ich vor zwölf Jahren!"
Das schien ihm Freude zu machen, und noch näherrückend, schrie er mir triumphierend ins Gesicht:„ Sie sind Schriftsteller!"
Auch das konnte ich nicht in Abrede stellen, worauf er, ins Nebenzimmer spazierend, meinen Schreibtisch zu durchsuchen begann. Das Ergebnis lohnte die Mühe nicht, und vielleicht geschah es deshalb, vielleicht aus anderen Gründen, die ich erst in Dachau zu würdigen vermochte, daß er, nach einer Weile verlegen aufstehend und seine Beinkleider zurechtschüttelnd, halb verdrießlich und halb traurig das Verhör mit den Worten beendete:„ ,, Und jetzt müssen Sie mit uns kommen!" Ich tat ihm nicht einmal den Gefallen zu fragen: Warum?, da ich,


