REPUBLIK BIS AUF WEITERES

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ten plötzlichen Brief desselben Herrn von Alberti. Er teilte mit, daß er mich in Wien besucht, aber leider nicht angetroffen hätte. Seine Absicht wäre gewesen, mich im Augenblick seines Abgehens von der Gesandtschaft über sein Verhalten beim Thomas- Mann - Bankett nachträglich aufzuklären. Der Grund seines Fernbleibens wäre nicht die vorgeschützte zahnärztliche Behandlung gewesen. Der Gesandte hätte ihm verboten, an der Feier teilzunehmen.

Der Grund dieses gehässigen Verhaltens der deutschen Auslandsvertretung gegen den repräsentativen deutschen Schriftsteller blieb in dem Schreiben des seither verstorbenen Herrn von Alberti selbstverständlich unerwähnt. Er lag sicher in der fortschrittlichen politischen Haltung Manns, die dem reaktionären Gesandten nicht paßte. Daß Herr Pfeifer auch der Verfasser eines Romans aus dem frühen deutschen Mittel­alter war, der vermutlich andere Wege einschlug als die Thomas- Mannschen Erzählungen, kam dazu. Dilettanten sind rachsüchtig, und wenn man ihnen ein öffentliches Amt zuteilt, stellen sie, was ihnen an Talent fehlt, durch Rankune gerne richtig.

Übrigens wurde ungefähr zur gleichen Zeit Gerhart Haupt­ mann in Rom von dem dortigen Deutschen Botschafter ge­schnitten, so daß der König " vor dem, Kurfürsten" nichts mehr voraushatte. Die Republik war in Deutschland wie in Österreich bereits unterhöhlt und abbruchreif; wo immer man anstieß oder anklopfte, klang es dumpf und leer. Der Grund war, daß man in beiden Ländern, die auf getrennten Wegen dem gleichen Schicksal entgegenschwankten, den Fehler began­gen hatte, die Führung des Staates Männern anzuvertrauen, die in ihrem Herzen Anti- Republikaner waren und blieben. Was Seipel in Österreich anbahnte, vollendete in Deutschland Hindenburg.

Die Zerfahrenheit, in der sich unser junger Freistaat in