178 ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG

italienischen Armee die symbolische Besetzung eines größeren Teils von Südtirol ermöglichte.

Unsere Reise ins deutsche Hauptquartier, ohne daß dieses zunächst genannt wurde, entwickelte sich planmäßig, um den Lieblingsausdruck des Quartiermeisters Stein zu gebrauchen, doch war der Plan, der ihr zugrunde lag, den Teilnehmern nicht bekannt. Wir reisten in einem Separatzug, der meist nachts ver­schoben wurde, so daß wir am Abend niemals wußten, wo wir morgens ankommen würden. Nach den unvermeidlichen Emp­fängen in Berlin , von denen mir nur der gereizte Spitzbart des Admirals Tirpitz, der an seinem verschärften Unterseebootkrieg eisern festhielt, in unsympathischer Erinnerung geblieben ist, langten wir bald genug in dem besetzten Brüssel an. Seine traurige Schönheit, die sich vom Hintergrund eines deutschen Heerlagers um so schmerzlicher abhob, und das klagende Ge­läut vom Turm von Saint Amand , im besetzten französischen Gebiet, machten mir einen nachhaltigen Eindruck, trotz dem nun schon drei Jahre dauernden Krieg, der jegliche Empfindsam­keit beiderseits erstickt zu haben schien. Aber auch eine heitere Reminiszenz blitzt dazwischen auf, die in Lille meiner wartete. Wir waren am späten Nachmittag in der durch ihren Bürger­fleiß bemerkenswerten französischen Provinzstadt angelangt, die jetzt zur deutschen Etappenstadt herabgesunken war, und nach den üblichen Besichtigungen und Begrüßungen war für den Abend ein Theaterbesuch vorgesehen. Nie werde ich dieses Theater vergessen. Es war bis auf den letzten Platz besetzt, aber ausschließlich mit feldgrauen deutschen Soldaten. Die einzigen zwei Frauen im Hause standen auf der Bühne und spielten in einem Stück, das ich traute meinen Augen nicht mein eigenes war, mein in Deutschland vielfach gespieltes und damals

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