168 ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG

getroffen; er könne es in der Lagerkanzlei beheben, wenn er in der Lage wäre, sich alsChristian Wild aus Wien auszuweisen, denn so stände es, und nichts anderes, auf der Adresse.

Der Cafetier durchschaute die Tücke dieser Mitteilung nicht auf den ersten Blick. Erst allmählich ging ihm ein Licht auf und nun begann er gottlästerlich zu schimpfen. Wie sollte er be- weisen, daß er ein Wiener war, wie beweist man so etwas in Porto Ferrajo und vor Italienern, die nicht deutsch verstehen? Aber indem er diese an sich gewiß nicht unberechtigten Zweifel laut werden ließ, bewies er, was es zu beweisen galt, zumindest für das Ohr des Landsmannes in einer jeden Zweifel aus- schließenden Weise. Der Vizeobmann des Vereins der Brief- taubenfreunde äußerte sich nämlich, kaum daß der italienische Aufseher außer Hörweite war, zwanglos wie folgt:

Affenschädel, gscherter! Beweisen soll is eahm, daß i a Weaner bin. Er möcht halt so viel gern das Packerl Liebes- gaben selber verspeisen! Papierln will er mi papierIn! Dazu braucht er meine Unterschrift. Damit, daß er sich die Finger net verbrennt, wenn der Kommandant ihm draufkommt! Bagasch, ölendige!

Die Worte waren Musik für das Ohr des aufhorchenden Lehrers. Zwar hätte er keinem seiner Schüler geraten, einen der hier aneinandergereihten Kraftausdrücke in der Friedens- zeit zu gebrauchen, allein im Kriege und in Porto Ferrajo dachte er über vieles anders, auch über die Wiener Mundart . Der Lehrer stand auf und umarmte den schäumenden Kaffeesieder. Auch machte er sich auf der Stelle erbötig, dafür zu bürgen, daß er ein waschechter Wiener wäre. Schuberth hatte einigen Ein- fluß in der Kanzlei, wo man ihn seiner schönen Schrift wegen zu Schreibarbeiten verwendete. Also erhielt Wild eine Ver- ständigung, worin er ohne weitere lästige Förmlichkeit zur Empfangnahme der Liebesgabensendung in die Kanzlei bestellt wurde. Und in der Zwischenzeit wurden sie Freunde.