166
ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG
Schloß vorbeiging, fand ich es abgesperrt, die Fensterladen geschlossen, den Garten verwildert. Ich klingelte mehrmals an der Eingangstür. Aber nichts rührte sich, niemand tat mir auf.
LIEBESGABEN
Es war erst drei Tage her, seitdem der Lehrer Reinhold Schuberth den Cafetier und Vizeobmann des Vereins der ,, Brieftaubenfreunde", Christian Wild, persönlich kannte, und schon waren sie Freunde fürs Leben. Sie sagten Du zueinander und brannten darauf, sich wechselseitig ihre Geheimnisse anzuvertrauen, was nur infolge häufiger Dazwischenkunft scharfblickender Gefangenenaufseher bisher nicht möglich gewesen
war.
Diese rasche Freundschaft war um so merkwürdiger, als die beiden in einem Alter standen, in dem man sich im allgemeinen nicht so geschwind anschließt, besonders im Ausland. Schuberth war weit über dreißig, Wild sogar schon gegen vierzig Jahre alt und er hatte als Obmannstellvertreter eines Vereins, dessen Obmann er mit der Zeit wohl werden konnte, einiges aufs Spiel zu setzen, wenn er sein Dasein mit einer möglicherweise zweifelhaften Bekanntschaft belastete. Allein diese begreiflichen Bedenken überwanden sich von selbst vermöge der besonderen Umstände, unter denen sie Freundschaft schlossen. Es geschah in Porto Ferrajo, dem österreichischen Gefangenenlager auf der Insel Elba , wo sie einander stumm und doch vielsagend zum erstenmal in die Augen blickten. Das erklärt viel.
Die beiden hatten sich der letzten Residenz des großen Napo leon auf verschiedenen Wegen genähert. Schuberth, der bei Valjevo schwerverwundet in serbische Gefangenschaft geraten war, sah sich gezwungen, einen weiten Umweg zu nehmen, über Nisch , wo er fast ein halbes Jahr in einem Armeespital gelegen hatte, bevor er nach Albanien und Korfu abgeschoben


