160 ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG
den„Leutnant a. D.“ unter seinem Namen gewundert hatte. Wir lebten im tiefsten Frieden und der Hinweis auf eine weit zurückreichende militärische Vergangenheit schien mir um so unangebrachter, als mir unser gemeinsamer Freund angedeutet hatte, daß Schramm sich in der Friedensbewegung der guten Baronin Suttner betätigte, also als Pazifist anzusprechen war. Aber vielleicht wollte er gerade darum auf seiner Visitenkarte in Erinnerung bringen, daß er auf Grund persönlicher Erfah- rung und einer durch sein Verdienstkreuz bewiesenen Leistung gegen den Krieg sei. Ein Held darf sogar ein Pazifist sein.
Jedenfalls schien es mir rätlicher, diesen heiklen Punkt zu umgehen und lieber an meine landschaftliche Erinnerung an seinen Besitz anzuknüpfen.„Wohnen Sie noch immer in Ihrem Maria-Theresien-Schlössel?“:
Anstatt zu antworten, griff er in die Brusttasche, in die er zuvor den Brief gesteckt hatte, und zog einen Hausschlüssel hervor.„Abgesperrt— seit heut früh“, sagte er.
„Oh!“ sagte ich. Ich wollte nicht fragen, fragte aber doch, dem Tone nach, worauf er, nach einer kleinen Pause, gleichsam erklärend hinzufügte:„Mein Gärtner ist mir gestorben!“
„Ach ja, richtig! Sie sind ja ein so großer Blumenfreund!“
„Sagen Sie, ein Blumennarr! Gestern noch hab’ ich fünf- hundert Tulpenzwiebeln ausgesetzt.“
„Warum wollen Sie eine so schöne Liebhaberei Narrheit nennen?“
„Weil's eine:ist..... heutzutag.... Aber'..der Anton, mein Gärntner, war jedenfalls der größere Narr von uns beiden. Denken Sie sich einen Menschen, der für nichts anderes lebt als für Blumen... Er war unverheiratet und hat auch nie eine Liebschaft gehabt, obwohl er, wie er zu mir gekommen ist, ein sehr hübscher junger Mann war... Sie erinnern sich vielleicht noch an ihn, er hat Ihnen ja damals die Chrysanthemenzucht weitläufig erklärt.“


