DER NOVELLIST MELDET SICH ZUM WORT

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,, Ja, daß man Asche in die Erde hineintun muß... Ich er­innere mich ganz genau... Ein kleiner Mann mit übergroßen Augen... Sah er nicht aus wie ein Dichter?"

,, O ja, und das war er auch in seinem Wesen. Ein Schöngeist, eine Künstlernatur., Der paẞt zu dir!' pflegte mein Freund, der General, zu sagen, und damit hat Seine Exzellenz freilich ganz recht gehabt... Sie müssen nämlich wissen, wir sind vor bald fünfzig Jahren zusammen aus der Kadettenschule ausgemustert worden. Seine Exzellenz und ich, aber ich bin Leutnant ge­blieben und er ist Feldmarschalleutnant geworden, das gibt ihm in seinen Augen das Recht, mich hin und wieder wegen meiner pazifistischen Neigungen freundschaftlich zu frotzeln... Übri­gens hat das seine Frau, die gute Helen, nie gehindert, wenn sie Gesellschaft gehabt hat, den Blumenschmuck für die Tafel aus meinen Treibhäusern zu beziehen. Der Anton hat sich dann immer das höchste Lob Ihrer Exzellenz verdient. Sie hat sich auch sehr gütig seiner angenommen, wie er in Wien bei der Abrichtung war."

,, Er ist also eingerückt?"

,, Ja natürlich, im vorigen Herbst schon, obwohl er von Haus aus untauglich gewesen war. Er hat einen Defekt am Augenlid gehabt und darum ist er Gärtner geworden. Sonst hätt' er näm lich studiert. Oh, er war ein gebildeter Mensch, der Anton. Auch seine Briefe beweisen das, die er mir von der italienischen Front geschrieben hat. Drei Monate ist er am Doberdo gestan­den, zur Zeit der ärgsten Kämpfe...

,, Und ist einer Verwundung?..."

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,, Verwundung? Ja und nein. Äußerlich war er jedenfalls ganz unverwundet, wie er mir gestern früh im Garten entgegen­getreten ist, so überraschend, als wär' er aus der Erd' gewachsen. Er hätt ein paar Tage Urlaub bekommen, erzählt er mir, weicht aber allen Fragen aus und fängt, während ich mich nach seinen Fronterlebnissen erkundige, gleich an, von den Steck­

11 Verlorene Zeit