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vorübergehende Bauer mit bedeutungsvollem Nicken heraufrief. Mir verging plötzlich die Lust am Schreiben. Ich ging zum Postamt hinunter und fand dort das Manifest des Kaisers ,, An Meine Völker!" bereits angeschlagen. Es war schwarz auf gelbem Papier gedruckt, also schwarz- gelb, und die Angehörigen ,, Meiner Wehrmacht" wurden darin im besten altösterreichischen Stil, der sichtlich noch aus der Zeit der Befreiungskriege stammte, eingeladen, die ruhmreichen österreichischen Fahnen ,, mit neuen Lorbeerreisern zu umwinden".
Nachmittags erfuhren wir dann aus unserer Wiener Zeitung , die uns bald genug nur noch am nächsten Morgen erreichen sollte, daß Serbien das Ultimatum bis auf zwei Punkte angenommen habe. Aber auf diese zwei Punkte kam es eben an. Hier waren die Fußangeln des auf ,, Unannehmbarkeit" sorgfältig stilisierten Ultimatums angebracht, über denen der Friede zu Fall gebracht werden sollte und wurde. ,, I never have seen a Note like Austria's" hatte Sir Edward Grey geurteilt, als er dieses Schriftstück zu Gesicht bekam, das ein federgewandter junger Herr im Auftrag des Außenministers Grafen Berchtold so kategorisch abgefaßt hatte. Über seinen Inhalt hätte sich noch reden lassen, hätte der junge Herr bei Aufstellung seiner benummerten Forderungen statt ,, Serbien wolle" oder„, Serbien möge" nicht immer ,, Serbien wird" gesagt. Dieses wiederholte ,, wird" sollte den verschreckten kleinen Staat ins Unrecht setzen und dem großen Bruder Deutschland gegenüber die Unvermeidlichkeit des Krieges dartun. In diesem ,, wird" steckte die imperialistische Tücke der händelsuchenden Kriegspartei, es wurde zum Erreger des Weltkrieges. ,, Wie fühlt sich", fragte ich ein halbes Jahr später einen mir befreundeten Kollegen des glücklichen Verfassers jenes Ultimatums: ,, Wie fühlt sich ein Mann wie der Baron Musolin, der dadurch, daß er ,, wird" statt ,, möge" gesagt hat, den Weltkrieg entfesselt hat?" Die tadellos abweisende Antwort, die mir zuteil wurde, ist bezeich


