122 ERLEBTES DSTERREICH
Selbstzweck. Wie lange auch geklatscht werden mochte nach einer großen Reinhardt-Premiere, zuletzt kam doch immer er selbst heraus und vor den Vorhang. Ein großer Histrione? Der größte? Mehr als das. Er war ein großer Maler, dessen Farben Schauspieler waren; der Verkündiger von unsterblichen Versen, die ein anderer geschrieben hatte, und von dramatischen Auf- tritten, die seine dichterischen Gehilfen für ihn ersinnen durften. Aber bei alldem war er„der Prospero des deutschen Theaters“, wie ihn einer seiner kritischen Verherrlicher, ich glaube Alfred Kerr , genannt hat; und war es mit Mozartscher Anmut. Als er im Herbst 1943 erschütternd aus dem Leben abging, versuchte ich sein Bild in ein paar Versen einzufangen:
Da ist ein Weg von Prospero zu Mozart , Der weiter führt, weil du ihn weiter führtest, Und das, was welk und abgestanden war,
Mit deinem weißen Zauberstab berührtest.
Den Schauspieler ihm selber zu entdecken
War dein Genie, und Menschlichkeit der Preis.
Die Schaubühne zu neuer Leuchtkraft wecken, Das wußtest du, wie’s heut kein andrer weiß.
Das Schiff, das du verließest, ist ein Wrack. Prosperos Insel ist kein Eiland mehr,
Wo Drama ward Musik— in einem Meer
Voll Augenlust und Grazie und Geschmack!
*


