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Söhne lächelnd daran erinnert, daß„, er" nämlich Sonnenthal auch einmal ein feuriger Liebhaber ohnegleichen gewesen sei. Umgekehrt, wenn ein feuriger junger Liebhaber, den sich die Direktion von der Wasserkante verschrieben hatte, zum erstenmal den Franz im ,, Götz" oder den Phaon in ,, Sappho " spielte und dabei Glück hatte, sagten dieselben alten Damen, ermattet das Opernglas zurückschraubend: ,, Was für ein Vater wird er später einmal werden!" Und das wurde er dann auch wirklich im Laufe der Jahrzehnte und ,, pensionsfähig" wurde er auch.
Nur zwei erlauchte Repräsentanten der Burgtheateridee wurden das nicht, wahrscheinlich weil sie dem Burgtheater niemals wirklich angehörten, obwohl sie es künstlerisch verklärten: Joseph Kainz und Max Reinhardt . Kainz wirkte zehn Jahre lang am Burgtheater, aber es wäre eine Übertreibung, zu behaupten, er hätte ihm angehört. Auch pensionsfähig ist er nie geworden. Noch wenige Wochen vor seinem viel zu frühen Tod sah ich ihn als Richard II. von seinem Königreich auf der Burgtheaterbühne erschütternd Abschied nehmen. Reinhardt hinwiederum entführte das Burgtheater in die Schumannstraße in Berlin ; seine theatergeschichtliche Bedeutung besteht darin, daß er als entflammter Jüngling auf der Burgtheatergalerie vom Burgtheater Abschied nahm, um es zehn Jahre später an der Spree und wieder zehn Jahre später im lieblichen Salzburg in einem hohen Sinne zu verwirklichen, als ein Burgtheater nicht von Hofes Gnaden, sondern von Reinhardts Gnaden. Beide, Reinhardt und Kainz, waren Genies, nicht bloß Talente des Theaters, in einer mit Talent reichlich gesegneten Epoche. Worin liegt der Unterschied? ,, Talent hat man, Genie ist man." Das war es und darin lag es, daß diese beiden waren, was sie hatten, und in einem Maß, wie unter ihren Zeitgenossen nur noch die unvergleichliche Eleonora Duse , deren Rang der gleiche, nämlich der höchste ist.


