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reizendster Novellen: ein Musset mit einem Ibsen- Gewissen, aus dem später ein Ibsen mit Musset- Erinnerungen werden sollte. Um so bezaubernder die Freundlichkeit, mit der er dem Anfänger entgegenging, um ihm später seine Freundschaft zuteil werden zu lassen. Überflüssig zu bemerken, daß ich damals mit der literarischen Kritik noch nicht das mindeste zu tun hatte. Das kam erst später, zu meinem Glück; denn andernfalls hätte er kaum jenen ersten Schritt getan.
Schnitzler war, als ich ihn kennenlernte, etwas über vierzig Jahre alt. Aus dem ärztlichen Stand hervorgegangen, sah er, wie die meisten Ärzte jenes Zeitalters, weniger wie ein Arzt aus als wie ein Maler, und wenn Maler, dann Van Dyk. Seine Personenbeschreibung ist auf der ersten Seite von Wassermanns ,, Der goldene Spiegel" verbüchert, wo der große Erzähler die ,, Freunde" ziemlich porträtähnlich beschreibt. Ich war anwesend, als er den Anfang seines damals neuen Buches den ,, Freunden" vorlas und einen der Betroffenen mit den Worten kennzeichnete: Er hatte ich zitiere aus dem Gedächtnis einen scharfen Malerblick, einen tabakblonden Spitzbart und war etwas unter mittelgroß, zur Beleibtheit neigend ,,, aber immerhin elegant". ,, Warum immerhin?" unterbrach Arthur Schnitzler mit einem seiner lustigen Zwischenrufe die kaum erst begonnene Vorlesung.
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Meine persönliche Beziehung zu Schnitzler gehört zum Besten, was mir das Leben gegönnt hat. Jeder Brief von ihm, jeder seiner Besuche, die sich in gemessenen Abständen ereigneten, jedes Gespräch, jedes Zusammentreffen oder Beisammensein sind mir ein unverlierbarer Besitz. Als er fünfzig wurde, durfte ich ihm mit gutem Gewissen schreiben:„ ,, Ich könnte nicht drei Schriftsteller nennen, denen ich so viel zu danken hätte wie


