IN UND AUS DER WIENER GESELL­

SCHAFT

D

ie Schwierigkeit für den Wiener Schriftsteller bestand nicht darin, in die Wiener Gesellschaft zu kommen; die Schwie­rigkeit bestand darin, unbeschädigt wieder herauszukommen. Wer unabhängig zu bleiben wünschte, weil er, wie ich, ihre politische Zurückgebliebenheit nicht gutheißen konnte noch mochte, ging ihr besser aus dem Wege. Aber wie sie kennen­lernen, ohne sich ihr zu nähern? Und wie sie nachgestalten, auf der Bühne oder in der Erzählung, ohne sie zu kennen? Hier lag das eigentliche Problem für den werdenden Schriftsteller und erst recht für den Dichter. Wir waren doch alle nur ,, loups garoux", wie unsere gern französisch sprechenden Wiener Welt­damen mit einem leichten Fächerschlag von uns sagten-ver­irrte Wölfe, die auf entrückten Ebenen heulten und die man sich besser nicht zu nahe kommen ließ.

Das Mißtrauen beruhte auf Gegenseitigkeit; denn die Wiener Gesellschaft war alles eher als literaturfreundlich. Im Gegen­satz zur französischen, die den Schriftsteller obenan stellt, und auch zur amerikanischen, die jederzeit bereit ist, ihm den seinem Talent gebührenden Rang zuzuerkennen, war sie, eingeschnürt in den engbrüstigen alten Herrschaftstaat, wie sie noch immer