O DU MEIN OSTERREICH! TI:

könnte. Doch kann ich mich nicht erinnern, daß bei dem Massen- marsch der Arbeiterschaft über den Ring, der den Wunsch nach einem demokratischen Wahlrecht entscheidend zum Ausdruck brachte, auch schon Frauen mitdemonstriert hätten.

Die Frauen, die in Österreich mehr als anderwärts ein Stück Natur waren, wie sie sich denn auch in der überwiegenden Mehr- zahl der Fälle mit ihren natürlichen Farben begnügten, leiten zu einem anderen Werte über, der in unserem Soll und Haben auf der Haben-Seite nicht übergangen werden darf: der öster- reichischen Landschaft. Sie reichte in jener Morgenstunde des Jahrhunderts vom Huzulendorf bis an den Gardasee , vom Prager Hradschin bis nach Ragusa und dem türkischen Sara- jewo; vom Alpendorf bis in die ungarische Pußta . Aber selbst ein Menschenalter später war ihre Spannweite zwischen der Wiener Gloriette und dem Innsbrucker Hafelekar noch groß genug, um im Gemüt des Österreichers einen Zweiklang der Sehnsucht in der Fremde lange nachhallen zu lassen. Die Gloriette dasRühmchen könnte man sie ins Deutsche, The little glory ins Englische übersetzen ist der Arkaden- gang über dem kaiserlichen Lustschloß Schönbrunn , von dem aus man auf das barocke Wien hinunterblickte; das Hafelekar ist ein Adlernest, siebentausend Fuß hoch über dem vormals lieblichen Innsbruck, wo sich der stolze Reichtum der Tiroler Bergwelt vor einem auftat: zusammen waren sie, auf eine ver- kürzte Formel gebracht, das Landschaftsglück Österreichs , dessen Reiz und Geheimnis war und blieb, nicht so sehr ein Land zu sein als eine Landschaft. Was das Land an Liebe in den letzten Jahren unter der wüsten Naziherrschaft sich verscherzt hat, das mag ihm wie dem benachbarten Italien am Ende doch seine liebliche Landschaft zurückgewinnen.