O DU MEIN OSTERREICH! 73

Wiener Schaubühne, die, reich wie sie blieb, nach ihnen ver- armte. Das Feuer, in dem Joseph Kainz die Versraketen des Cyrano im Tempo des PaganinischenPerpetuum mobile abprasselte, hat sich in ein ewiges Licht in der Geschichte der Schauspielkunst verwandelt.

Um den Zweiklang zum Dreiklang zu erweitern, muß man noch einen dritten Namen hinzufügen, den des Volksschau- spielers Alexander Girardi , der ein mozartischer Genius des Komischen war. Wenn er den Klassiker des österreichischen Volksstücks, Ferdinand Raimund , oder einen seiner unbedeu- tenden Nachfahren spielte, war immer auch ein Hauch von Goldoni um ihn und über dem Stück, wie ja das Italienische auch in seinem Namen österreichisch weiterlebte. Und es war sein angestammter Name, kein bloß angenommener. Girardi war ein schlanker, behender Österreicher von echtem Schrot und Korn, was aber den mildernden Einschlag fremder Kultur- rassen keineswegs ausschloß. Der Österreicher, der zu meiner Zeit um jeden Preis ein Deutscher sein wollte und erst nach Berlin fahren mußte, um zu erfahren, wo Wien liegt, war ın Wahrheit ein internationaler Mensch und international war auch das Theater zu allen seinen guten Zeiten, von denen ich eine der besten noch miterlebt habe. Es kochte nie im eigenen Saft und blieb infolgedessen schmackhaft. Es war nie ein Theater bloß für den Einheimischen, sondern für den Fremden in gleichem, ja vielleicht sogar in noch höherem Maße. Der gebildete Wiener setzte seinen Ehrgeiz darein, die Sprache des Gastes zu sprechen und er lernte sie auch im Theater. Was für Gastspieler bekamen wir in jenem gloriosen Jahrzehnt in Wien zu sehen, und wie schwer war es manchmal, sich zwischen MozartsFigaro in der Oper und derLocandiera der Duse im Theater an der Wien zu entscheiden. Die alternde Sarah Bernhardt , die ganz junge Suzanne Despres , Salvini, Zacconi, Novelli sie kamen Jahr für Jahr in ihren besten Rollen und