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Fleißaufgabe wird ins Wiener Kriegspressequartier gemeldet; dort soll sie sich unter Aufsicht des den kugelsicher sich betätigenden Schriftstellern vorgesetzten Obersten in ein zum weiteren ,, Durchhalten" verpflichtendes, herzerhebendes Musterbeispiel heimattreuen Soldatenmuts verwandelt sehen. Der damit Beauftragte, obwohl bis zum Ausbruch des Weltkrieges mehr durch seinen subversiven Witz bekannt und berühmt geworden, entledigt sich mit vorbildlichem literarischem Anstand der gestellten Aufgabe. Er erzählt die heroische Begebenheit im reinsten Legendenton und schließt sie in der letzten Zeile mit der überlieferten Wendung„ Es lebe Österreich !". Tags darauf legt er sein Elaborat dem ihn kommandierenden Obersten vor, der das darin Erzählte mit augenscheinlichem Vergnügen an der vom Militärgeschäftsstil unbefleckten Prosa überfliegt. Nur beim letzten Satz kratzt er sich verlegen hinterm Ohr. ,, Es lebe Öster reich !"- darf das der sich ersäufende Matrose sagen, ohne damit die andere Reichshälfte, die ungarische, zu kränken? Besser, man vermeidet Rekriminationen und läßt ihn etwas anderes sagen. Ja, aber was? Der Schriftsteller, Ironiker von Beruf, schlägt vor, die Anekdote auf die diesseitige Reichshälfte zu beschränken und den Todesmutigen mit dem staatsrechtlich einwandfreien Ausruf ,, Es leben die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder!" aus dem Leben scheiden zu lassen. Geht auch nicht! entscheidet der hohe Vorgesetzte: Schon aus dem Grunde nicht, weil die Flotte beiden Reichshälften gemeinsam ist. Müssen sich was Besseres einfallen lassen!" schärft er dem Plutarch des Kriegspressequartiers ein: ,, Etwas, was mit militärischer Knappheit allen Empfindlichkeiten zuvorkommt! Höchstens drei Worte!" Der Schriftsteller geht ins Kaffeehaus, spielt ein paar Partien Karambole und legt am nächsten Morgen sein verbessertes Konzept noch einmal vor, auf dem der begeisterte Matrose, berechtigten Empfindlichkeiten Rechnung tragend, sich mit dem schlichten Seemannsruf: ,, Indivisibiliter ac


