AUF ALTEN WEGEN INS NEUE JAHRHUNDERT
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nach ihrem Erscheinen gelesen hatte und das Lob, das sie ihm abnötigte, seiner Verantwortung bewußt, gewissenhaft mit den Worten einleitete: ,, Fern sei es von mir, einen Lebenden zu überschätzen..." Mag sein, daß ich in meinen Jugendjahren selbst mehr Österreicher war, als ich selber wußte. Ich las im Arrest Jacobsen und nicht Marie Ebner- Eschenbach , die erst siebzig war.
Leider konnte ich das mich bezaubernde Buch an jenem trüben Wintertag nicht zu Ende lesen, da das Tageslicht bald erlosch und durch keine andere Beleuchtung der verschärften Zelle ersetzt wurde. Ich blieb im Finstern allein mit meinen Gedanken, ohne daß ich, infolge des wüsten Lärms in dem benachbarten biertrinkenden Wachlokal, von dem mich eine dreimal versperrte Tür trennte, hätte Schlaf finden können. Zu allem Überfluẞ bekam ich dann auch noch heftiges Nasenbluten, und da mein Pochen und Rütteln an der Verbindungstüre unbeachtet blieb, mußte ich mir, in meinem nachtschwarzen Verlies hilflos herumtappend, helfen, so gut ich konnte, indem ich aus dem offenen Wasserzuber das etwas angefault riechende Waschwasser schnupfte. Am nächsten Tage, aus dem in jedem Sinne verschärften Arrest entlassen, hatte ich eine böse Augenentzündung, von den in dem finstern Kübel sich herumtreibenden Unreinlichkeiten und Bakterien verursacht. Es hätte schlimm ausgehen können, ging aber gut aus.


