AUF ALTEN WEGEN INS NEUE JAHRHUNDERT

57

nach ihrem Erscheinen gelesen hatte und das Lob, das sie ihm abnötigte, seiner Verantwortung bewußt, gewissenhaft mit den Worten einleitete: ,, Fern sei es von mir, einen Lebenden zu überschätzen..." Mag sein, daß ich in meinen Jugendjahren selbst mehr Österreicher war, als ich selber wußte. Ich las im Arrest Jacobsen und nicht Marie Ebner- Eschenbach , die erst siebzig war.

Leider konnte ich das mich bezaubernde Buch an jenem trüben Wintertag nicht zu Ende lesen, da das Tageslicht bald erlosch und durch keine andere Beleuchtung der verschärften Zelle er­setzt wurde. Ich blieb im Finstern allein mit meinen Gedanken, ohne daß ich, infolge des wüsten Lärms in dem benachbarten biertrinkenden Wachlokal, von dem mich eine dreimal ver­sperrte Tür trennte, hätte Schlaf finden können. Zu allem Über­fluẞ bekam ich dann auch noch heftiges Nasenbluten, und da mein Pochen und Rütteln an der Verbindungstüre unbeachtet blieb, mußte ich mir, in meinem nachtschwarzen Verlies hilflos herumtappend, helfen, so gut ich konnte, indem ich aus dem offenen Wasserzuber das etwas angefault riechende Wasch­wasser schnupfte. Am nächsten Tage, aus dem in jedem Sinne verschärften Arrest entlassen, hatte ich eine böse Augenentzün­dung, von den in dem finstern Kübel sich herumtreibenden Un­reinlichkeiten und Bakterien verursacht. Es hätte schlimm aus­gehen können, ging aber gut aus.