AUF ALTEN WEGEN INS NEUE JAHRHUNDERT
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der beiden rechts und links von der Straße gelegenen Gasthäuser verteilen, aber in einer Stunde müßten wir pünktlich wieder zur Stelle sein. Dies verlautbart, und gewissenhaft zur Kenntnis genommen, glaubten wir, die Übung wäre vorläufig zu Ende. Sie war es nicht.
Denn kaum hatten wir den ersten Bissen heißhungrig hinuntergeschlungen, als draußen, auf dem kleinen Platz zwischen den beiden Wirtshäusern, stürmisch ,, Vergatterung"( Ralliierung) geblasen wurde. Da dies gegen die Abmachung war und offenkundig der von unserem Hauptmann vom hohen Roẞ herunter ausgegebenen Parole widersprach, entstanden Zweifel, wie wir uns dem bereits aufgetischten Essen gegenüber zu verhalten hätten. Wir legten sie dahin aus, daß es uns freistehen müsse, noch ein paar Bissen mehr zu schlucken, bevor wir kauend zahlten und zahlend hinausliefen, von einem zweiten Vergatterungsgeblase hastig angetrieben. Aber an der Wirtshaustüre angelangt, mußten wir an unserem Hauptmann vorbei, der mit dem Leutnant in dem anderen Gasthaus gesessen war, und nun wieder zu Pferde saß, um uns Nachzügler mit den unfreundlichen Worten zu empfangen:„, Ihr Schweine..." Er sprach den Satz, der so vielversprechend anfing, nicht zu Ende, aber am nächsten Tag stand ich mit einigen anderen beim Rapport und erhielt einen Tag verschärften Arrest zudiktiert, wegen ,, Zuspätkommens bei dem Vergatterungssignal".
Der peinliche Vorfall wurde weder damals noch später jemals völlig aufgeklärt, er gehört zu den unbezahlt gebliebenen Rechnungen meines Lebens. Erst viele Jahre nachher kamen wir von selbst dahinter, daß wir, schmählich es zu sagen, von unserem braven Hauptmann in eine Falle gelockt worden waren, um uns eine den Traditionen soldatischer Manneszucht entsprechende Lehre zu erteilen. Die Lehre war, daß auch im Kriege keinerlei bindende Abmachungen, das Mahl betreffend, mit der Truppe getroffen werden können, und wenn ,, Fanfare"


