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ERLEBTES OSTERREICH
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immer etwas bängliche Gelegenheit wahrnahm, um mir etwas tiefer in die Augen zu schauen und das zwischen uns unausgesprochen bestehende Verhältnis von Grund auf zu erschüttern mit den Worten: ,, Sie glauben, weil Sie gescheit sind... Er sprach auf österreichische Art den Satz nicht ganz zu Ende, sondern ließ ihn bloß mimisch ausklingen, worauf er ihn mit der endgültigen Wendung krönte:„ Wir brauchen keine gescheiten Leute. Wir brauchen Leut', die parieren." Wir das war der Herrschaftsstaat, der aus seinem Munde sprach und dessen Äußerungen ich in der Folge, ausgesprochen oder unausgesprochen, noch oft begegnete. Sie begleiteten mich durchs Leben und wiesen mir ein für allemal meinen Platz an, der immer am Rande lag, doch nie im„, Spalier", das in Wien nicht nur bei den Fronleichnamsprozessionen eine Rolle spielte, indem es die für den Gang und Pomp der Ereignisse wünschenswerte maulhaltende Statisterie beistellte.
Aber unser braver Hauptmann
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er war sicher auf seine Art ein braver Mann ließ sich Schlimmeres zuschulden kommen, was aufgezeichnet zu werden verdient, weil darin ein gewisser Regierungsjesuitismus zum Ausdruck kam, an den uns zu gewöhnen offenbar auch zur Abrichtung gehörte.
Es war mitten im Winter und wir machten, den Schulunterricht in den überheizten Räumen nicht unerwünscht unterbrechend, eine überraschend angesagte Übung im Terrain, die vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag dauern sollte. Nach einem fünfstündigen Anmarsch im zuerst knöcheltiefen, dann knietiefen Schnee machten wir einen Sturmangriff auf einen der milden Hügel in der Umgebung Wiens, worauf wir auf der anderen Seite des Hügels hinabsteigend, in einem kleinen Wienerwalddorf siegreich einzogen. Die Tornister wurden abgehängt, die Gewehre pyramidenförmig zusammengestellt und der in Habt- Acht- Stellung weitere Befehle harrenden hungrigen Schlachtreihe bekanntgegeben, sie könne sich in eines


