GARTEN DER KINDHEIT 31

mannshohe Gartengitter setzte und erst am späten Morgen von seinen geheimnisvollen Verabredungen beschämt und verludert mit eingezogenem Schwanz heimkehrte, durften wir Kinder ihm Vorwürfe machen, bevor wir ihm sein Futter brachten. Übrigens gewöhnte er sich diese Gittersprünge im Älterwerden ab und starb in reifen Jahren im Geruche einer Art Hundeheiligkeit. Was meinen Vater, der Humor hatte und sein Gespräch gern mit Verszeilen in Anführungszeichen garnierte, veranlaßte, ein mundartliches Gedicht des zeitgenössischen Anzengruber zu zitieren, der einen alten Bauer im Rückblick auf die erzielten Erziehungsresultate philosophisch bemerken läßt:

Zletzt braucht mas nimmer zu verbieten, Zletzt hört si alls von selber auf!

Was Mama veranlaßte, mit einem feinen Lächeln vom Buche aufzublicken, das aber schon wieder ein Band Schopenhauer war.

Der kleine Garten, in dem aufzuwachsen ich das Glück hatte, war von größeren umgeben. Auch gab das Gärtchen, so be- schränkt es war, uns fortwährend etwas zu tun; ist doch ein Garten der zugleich liebenswürdigste und anspruchsvollste Hausgenosse. Im Winter mußten wir Kinder stundenlang Schnee schaufeln, Sand über die Zugänge streuen, den Brunnen und die Rosen rechtzeitig mit Stroh einbinden. In der schönen Jahres- zeit wurden die Blumenrabatten betreut, Rasen gesät und ge- sichelt, Bäume und Sträucher gesetzt und umgesetzt, die Kies- wege wurden manikürt, und abends wurde Wasser gepumpt, um mit geschwungener Gießkanne das Grüne grün und das Blühende blühend zu erhalten. Auch fanden fortwährend Erd- bewegungen statt, für die die Bau- und Veränderungslust meines Vaters ausgiebig sorgte. In einem Lusthaus zu sitzen ist leicht, aber es aufzuzimmern und wetterfest hinzustellen, von wildem Wein umrankt, kann eine ganze kleine Familie monate-