GARTEN DER KINDHEIT
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als ich viele Jahre in englisch sprechender Umgebung hinbrachte, manchmal wie ein Fingerzeig des Schicksals anmutete. Aber wenn man im Lebensplan ein Schicksal voraussetzt, welchen Sinn hätte es dann gehabt, daß ich ein Jahr später, siebenjährig, in Linz auf der sogenannten Spittelwiese zur Schule ging, wo etliche Jahre nach mir auch Adolf Hitler nicht allzuviel gelernt hat. Der ,, größte Deutsche", wie er sich von Bedientennaturen, selbst eine, gerne nennen ließ, war mein Schulkamerad, wenn auch im Abstand eines Jahrzehnts. Ich hätte ein Jahrhundert vorgezogen.
Nach diesem kurzen Gastspiel in Linz , wo mein Vater, nach vollzogener Wendung vom Unternehmer zum Angestellten, seine kaufmännischen Talente offenbar zur Zufriedenheit seines Chefs hatte bewähren können, kamen wir in meinem achten Lebensjahr nach Wien zurück. Der Unterschied gegen Linz bestand für den vielgewanderten kleinen Odysseus, der ich, zum drittenmal umgeschult, damals war, zunächst nur darin, daß ich in Linz in einem engen Gitterbett schlief, das zu Füßen der Betten meiner Eltern, sie verbindend, stand, woraus ich schließen darf, daß wir damals nur eine ärmliche Zweizimmerwohnung besaßen. In dem Wiener Vorstadthaus hingegen, das vergleichsweise etwas Villenartiges hatte, bewohnte ich mit meiner zu uns zurückgekehrten Schwester ein richtiges Kabinett, wie man diese bloß einfenstrigen und deshalb nicht ganz vollzunehmenden Wohnräume in der Wiener Hausherrenterminologie nannte. Es hatte einen trapezförmigen Grundriß, der dort, wo es an das Schlafzimmer meiner Eltern grenzte, engpaßartig zusammenschrumpfte. Immerhin besaß das Haus einen Garten, in dem wir Kinder spielen durften. Mit dem Garten beginnt die Landschaft und somit trat ein neues Element in unser Leben ein, das ich mit dem Schlagwort ,, Landschaftsgrün" bezeichnen möchte. Zunächst freilich war es nur ein geliehener oder geduldeter Garten, aber mit der Zeit, als eine winzige, meinem Vater zu


