Die kommenden Wochen bringen neue Zugänge. Französische Wi- derstandskämpfer, englische und amerikanische Flieger und Fallschirm- springer, deutsche Deserteure werden eingeliefert. Trotz aller Über- wachungsmaßnahmen wird die Verbindung zu den Gefangenen in den Einzelzellen hergestellt. So werden die ersten Solidaritätsaktionen or- ganisiert. Mehrere Polen , zwei Amerikaner und ein Engländer haben “nichts zu rauchen und wenig zu essen. Vom Gefängnishof wird mit Bindfaden der Transport in die Zellen organisiert. Der Widerstand im Gefängnis zu Castre beginnt.
Ein ‚internationales Komitee wird gebildet. Es ist aus je einem Vertreter der deutschen, jugoslawischen, italienischen, polnischen und französischen Gruppe zusammengesetzt. Durch einen geheimen Brief- verkehr wird die Verbindung zur Außenwelt hergestellt. Somit kommen die ersten Nachrichten von draußen. Zeitungsausschnitte in kleinen Streichholzschachteln werden von Zelle zu Zelle weitergegeben.
Über einen geheimen Verbindungsdienst erhält das Komitee Mitte 1943 die Nachricht von weiteren Auslieferungen nach Deutschland . In den nächsten Wochen werden mehrere Deutsche abgeholt und der Ge- stapo übergeben. Die Gefahr größerer Transporte nach Deutschland wächst von Tag zu Tag. Gegenmaßnahmen werden seitens der Wider- standsgruppen im Gefängnis beschlossen. Das internationale Komitee beschließt: Organisierter Widerstand gegen die Auslieferung, Vorbe- reitung des Aufstandes und Flucht aus dem Gefängnis.
Der Ausbruch wird organisiert
Fieberhaft wird gearbeitet. Jeder Tag ist kostbar, denn die Aus- lieferung kann plötzlich kommen und alle Vorbereitungen über den Haufen werfen. Alle Möglichkeiten der Flucht werden erwogen, ein Operationsstab arbeitet an der Ausarbeitung eines„Aufstandsplanes“. Die Ablösungszeit der Wächter wird genau beobachtet und. registriert, die einzelnen Kampfgruppen werden zusammengestellt. Beim Säcke- zupfen werden insgeheim Stricke angefertigt, um später damit die Wächter zu fesseln. Der Operationsplan ist folgender: Das Gefängnis be- steht aus zwei voneinander getrennten Gebäuden. Vorn am Eingang befinden sich die Aufenthaltsräume der Wachmannschaften und die Schreibstuben, das Magazin und der Besuchsraum. Diese Räume sind durch eine schwere eiserne Gittertür vom eigentlichen Gefängnis, von den Zellen und der Küche sowie den einzelnen Gefängnishöfen getrennt. Die eiserne Gittertür ist nur von außen zu öffnen, damit die Gefan- genen bei einem eventuellen Ausbruch nicht in die vordere Hälfte, d. h. zum eigentlichen Ausgang des Gefängnisses gelangen können. Wenn der Ausbruch gelingen soll, muß also der Plan das Öffnen der Gittertür vor- sehen, ohne daß der Aufstand im eigentlichen Gefängnisgebäude iso- liert bleibt und den Wächtern Gelegenheit gibt, die im Büro befindliche Alarmklingel zu der in der Nähe befindlichen Gendarmerie zu bedienen.
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