kampf
Vorwort
Nicht mehr als zweieinhalb Jahre trennen uns von den Tagen, in denen das Nazi- Regime in einem Meer von Blut und einem fürchterlichen Inferno des Schreckens und der Verzweiflung unterging. Wo stehen wir heute? Ist es nicht unwiderlegbare Tatsache, daß ungezählte Deutsche schon wieder voll Ungeduld auf die Möglichkeit der Erneuerung einer skrupellosen Machtpolitik hoffen? Ist es nicht so, daß viele glauben, im fremden Unrecht die Rechtfertigung der. fürchterlichen Handlungen der jüngsten Vergangenheit sehen zu müssen?
Immer noch erblicken die meisten Ursache und Quelle der Not und der schweren Prüfungen, die dem deutschen Volk auferlegt werden, im verlorenen Kriege. Sie fluchen Hitler, weil er ihnen den Krieg verloren, nicht weil er den Krieg gewollt, geplant, vorbereitet und vom Zaune gebrochen hat.
Noch haben wir nicht viel verspürt von der maßlosen Erbitterung, von der so notwendigen Empörung, die sich wendet gegen jene Zeit, in der die Würde des Menschen zugrunde gerichtet wurde, von der Leidenschaft, die die Schuldigen zur Rechenschaft zieht, die Kraft, Fähigkeit und Fleiß eines ganzen Volkes nutzlos verströmen ließen. Wir können noch nicht sprechen vom Durchbruch der Erkenntnis, daß nichts verschwiegen, verschleiert und beschönigt werden darf von dem, was geschah. Wir können noch nicht sprechen von dem Bemühen der deutschen Intelligenz, rücksichtslos die Wurzeln des Nazismus in der Vergangenheit aufzudecken, systematisch Entstellungen und Lügen aus der Überlieferung der deutschen Geschichte auszumerzen und das Vermächtnis, das die größten Geister deutschen Kulturlebens hinterlassen haben, den Lebenden in seiner reinen Gestalt zu übermitteln.
Müde, enttäuscht, erschöpft und verzweifelt erlebte das deutsche Volk das Ende des Krieges und der Naziherrschaft. Und heute? Ist die Müdigkeit, die Erschöpfung, die Verzweiflung gewichen? Wahrlich nein! Gerade wir in Deutschland haben allen Anlaß, uns zu erinnern, daß schon einmal Enttäuschung und Ausweglosigkeit Haß und Vernichtungswillen geboren haben, die sich gegen den bestehenden Zustand richteten und den Absichten entwurzelter hemmungsloser Feinde des Volkes den Boden bereitet haben. Man sage nicht, es sei zu schwarz gesehen, diese Erfahrung aus den Jahren der Weima rer Republik heraufzubeschwören.
Heute vernehmen wir am deutlichsten die Stimmen jener, die es vorgezogen haben, zwölf Jahre lang zu schweigen, die sich ,, an pa ẞten", sich den ,, Tatsachen beugten", die heute davon sprechen, daß auch sie ,, se e- lisch gelitten" und geduldet" haben.


