bereitschaft erwies er sich als ein wahrer Freund aller Bedrückten, von dem man sich Rat holte, zu dem man gern ging und auch immer emp- fangen wurde. Diese Eigenschaften, gepaart mit einer kühnen Ent- “schlossenheit, wenn es Leben und Eigentum der Werktätigen gegen die Angriffe der braunen Terroristen zu verteidigen galt, machten ihn zu einem der volkstümlichsten Männer in Hamburg und an der Wasser- kante. Entschieden setzte er sich ein für die Einheit der Arbeiterklasse. «Grund genug, sich den ohnmächtigen Haß der Nazis zuzuziehen, die ihm mehr als einmal ihre Pistolenkugeln nachsandten, die ihm auf dem Nachhausewege auflauerten, die ihm Fallen stellten. In Ernst Henning , den sie 1931 erschossen, glaubten sie Edgar Andree getroffen zu haben. Die bezahlten Subjekte kannten ihr Opfer gar nicht persönlich und die Auftraggeber saßen im Hintergrund.
„Sieg auf der ganzen Linie“
Der Terrorwahlsonntag, 5. März 1933, wurde Edgar Andree zum Verhängnis. Nach nervenaufreibenden Wochen hatte er den Wahlkampf in Cuxhaven zum Abschluß gebracht und fuhr im Zug nach Hamburg zurück. Die braunen Häscher hatten ihren großen Tag: in Harburg holten sie ihn aus dem Abteil heraus. Endlich hatten sie ihn, den Verhaßten. Eıne verlogene Propaganda schrie hinaus:„Der langgesuchte Kommunist Edgar Andree verhaftet. Die bei ihm vorgefundenen reichen Geldmittel(!), vor allem ausländische Bänknoten(!!) lassen darauf schließen, daß er sich auf der Flucht ins-Ausland befand.“ Es war dies der obligatorische Pro- pagandatrick, der bereits am 2. März in der Zeitungsmeldung zur An- wendung kam:„Thälmann nach Kopenhagen entflohen.“ Am 4. März war dann zu lesen:„Thälmann in Berlin-Charlottenburg verhaftet.“
Für Edgar Andr&e begann eine mehr als 3%jährige Leidenszeit. Regelmäßig an ihm vollzogene Folterungen sollten ihn mürbe machen, ihn zu einer Erklärung gegen seine eigene Klasse veranlassen. Von der niedrigsten Verhöhnung bis zur Auspeitschung weit über die Bewußt- losigkeit hinaus wurde keine Stufe der Tortur übersprungen. Triumphie- rend hielten sie ihm den„Volkswillen“, die Wahlergebnisse vom 5. März, vor: den„Sieg“ der Nazis in Hamburg mit 318 000 Stimmen.„Nur 38 Pro- zent der Stimmen habt Ihr trotz allen Terrors erreicht“, erwiderte kühn der Verhöhnte—„die beiden marxistischen Parteien hatten immer noch 360000 Stimmen!“ Faustschläge ins Gesicht dieses Kühnen vermochten das Wahlergebnis nicht zu korrigieren. Während sie ihn mit„Juden- knecht“ titulierten, tobte in den Straßen das„erwachte Deutschland “ bei planmäßig inszenierten Judenboykotts, warf Schaufensterscheiben ein und traktierte die gerade aus Trotz in den jüdischen Geschäften ein- kaufende Bevölkerung. Ss
Massenverhaftungen in ganz Deutschland führten. zur Überfüllung der Gefängnisse. Riesige Konzentrationslager mit tausenden Unbeug- samen entstanden in allen Bezirken. Und während der neue Polizeiherr in Hamburg , Nazi-Richter, sich einführte mit einer Verordnung, nach der es verboten war, Waldvögel- zu fangen und Katzen zu töten— denn den Tieren gehöre die Freiheit—, starben täglich antifaschistische Ge-
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