DER LÖWE UND DER STIER

Löwe sprach zu einem Stier: Löse dieses Rätsel mir:

Oft seh ich Euch hastig grasen,

Bei Gefahr von dannen rasen, Und trotzdem so gut genährt, Wie ein Tier, das niemand stört. Die Natur gab uns fünf Magen, Hört darauf den Stier man sagen, Einer gleichet Vorratstaschen, Einzustopfen, was wir haschen. Später legen wir uns nieder, Kauen dort behaglich wieder, Drauf die Speise, vorbereitet,

In die andern Magen gleitet. Höre auf, der Löwe brüllt, Weil mich blasser Neid erfüllt! Muß viel Nahrung übriglassen, Nur ein Magen kanns nicht fassen! Schlecht verteilt ist alles hier, Was mir nottut, eignet Dir!" Hierauf hat der Stier geschwiegen, Streitigkeiten ihm nicht liegen, Wenn der Gegner Löwe ist,

Der bekanntlich Rinder frißt!

Für den Löwen, dacht sein Sinn, Reicht ein Magen völlig hin,

Doch das Rind, das friedlich weidet, Wird begeifert und beneidet!

Ach, der Mächtigste hienieden Bleibt doch immer unzufrieden.

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