In drei Jahren starben in Theresienstadt ca. 40 000 Menschen, und eine noch größere Anzahl wurde in auswärtige ,, Vernichtungslager " und ,, Krepieranstalten" abtransportiert, die ihren Namen nur allzu­sehr verdienten. Zu letzteren gehörte auch die Theresienstadt be­nachbarte sog., Kleine Festung", in die man ,, straffällige" Juden und arische ,, Missetäter" schaffte. Dort starben jährlich 10 000 Menschen, die in den obengenannten Ziffern für Theresienstadt nicht einbe­griffen sind. Die Höchstzahl an Todesfällen in Theresienstadt zur Zeit von Epidemien betrug täglich 150-200 Menschen. Die Leichen lagen dann derartig aufgehäuft in den Gängen, daß man darüber stolperte. Es war nicht möglich, sie schnell genug fortzuschaffen. Bis zum Ende des Jahres 1944 verbrannte man die Toten im Krema­torium. Es wurde dann angeordnet, alle Urnen zu entleeren und die Aschenreste ,, unbekannt wohin" abzufahren. Die Gründe hierfür sind nicht schwer zu finden, es sind dieselben, die zur Vernichtung aller Akten, Register und Schriftstücke führten. Vom Jahre 1945 ab wurde auf einem neugeschaffenen kleinen Friedhof Erdbestattung einge­führt, so daß für den Besucher eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Opfern zu sehen ist.

Die SS ging in Theresienstadt über kleinere Mißhandlungen, Ohr­feigen und Prügel im allgemeinen selten hinaus. Die eigentliche Not bestand körperlich in unzureichender und einseitiger Ernährungsart, in üblen Quartieren und der Infektionsgefahr, seelisch in Trennung der Familienangehörigen und Verschleppung durch Abtransport. Eine gewisse Aufrichtung fanden die Juden durch wissenschaftliche und künstlerische Veranstaltungen, die von berufener Seite abends veranstaltet wurden. Lobend hervorzuheben ist auch die Tätigkeit der Ärzte, der Schwestern, der Hausältesten und mancher leitenden Männer der Gemeinde. Sie stellten sich selbstlos auch in schweren Stunden in den Dienst der Pflicht.

Die freundliche Lage des Ortes vermochte flüchtig verweilende Neutrale zu bestechen und wurde von der SS zur Tarnung der wahren Verhältnisse nach Kräften ausgenutzt.

Daẞ Haft zur Besserung führt oder gar Leid zur Läuterung, habe ich nicht feststellen können. Im Gegenteil litten die Nerven infolge der dauernden Entbehrungen. Reizbarkeit, Zankzucht und Eigennutz waren gesteigert, Zusammenstöße aller Art unter den Juden durch das viel zu enge Beieinanderwohnen begünstigt. Der den Juden eigene Hang zu Individualismus förderte die Eigenbrödelei und hemmte die Entwicklung des gesunden Gemeinschaftssinns.

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