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waren und nun in ihre Anstalt zurückkehrten- alle wegen ihrer politischen Gesinnung als Sozialistinnen zu viel­jährigem Zuchthaus verurteilt, blühende, lebensfrohe, wohlgesittete Familientöchter und Ehefrauen.

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Natürlich blieb der menschliche Kontakt mit ihnen nicht lange aus, Leidensgenossen, wie Frauen und Männer echt ja waren. Die Aufseher im Wagen drückten münchnerisch brummelnd zwar, aber im Herzen nur all­zu gern beide Augen zu... und nun wurde wieder ge­sungen, wie immer, wo Wiener sich zusammenfinden. Unter den unsterblichen Hymnen der Lebensfreude und des Leichtsinns, so paradox es klingt, der Liebe und Liebelei, der Verehrung der Heimat und des Weines- traf der Transport im Münchner Hauptbahnhof ein.

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Doch wenige Stunden darauf verwandelte das Kalei­doskop des Schicksals die sentimentale Szene in eine dramatische von allerhöchster Spannung:

Es war schon später Abend, als Bert in der so­genannten, Löwengrube', dem Polizeigefängnis Mün­ chens , eine jener dämmrigen Zellen für den, Schub' betrat, die ihm noch in recht übler Erinnerung waren. Der kaum erleuchtete Raum strudelte wieder von Men­schen, die sitzend, liegend, kauernd sich unterhielten. Kroatische, slowenische, tschechische und vielfach pol­nische Laute schwirrten durcheinander.... Eine Gruppe für sich bildeten ein paar Franzosen, die den heiteren Gleichmut ihrer Nation bewahrten und die Zustände einer spöttischen Kritik unterzogen. Ihr Mittelpunkt war ein flotter junger Mann, der Bert gut gefiel, ebenso geistreiches wie leichtfertiges Pariser Gamingesicht, der ganze Mensch voll schlaksiger Charme und Sicherheit im Wesen.

Mitsamt allen diesen Leuten wurde Bert noch in der gleichen Nacht seiner Rückkehr in die Heimatstadt dem entsetzlichen Taumel eines schweren Fliegerangriffes ausgesetzt; sie alle in der verrammelten Mausefalle von