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schmachten, oder verwies ihn sogleich in ein Kz. Das Gericht dagegen hatte zu gewärtigen, daß es mit voller Namensnennung in dem Revolverblatt, Das schwarze Korps' in der übelsten Weise wegen seiner abweichenden Entscheidung angepöbelt und zur Rede gestellt wurde, unter Androhung von gewaltsamen Maßnahmen im Falle einer Wiederholung.

So lag die deutsche Rechtspflege unter dem Haken­kreuz...

Immerhin war für Bert der Aufenthalt im, Grauen Hause eine Sinekure gegenüber dem Sarg im Gestapo­gebäude. Der Ausblick seines Fensters ging auf einen Gartenhof, in welchem Blumenbeete von Ordens­schwestern gepflegt wurden, Bäume grünten und die Amsel ihr Abendlied auf dem Dachfirst schmetterte. Die Häftlinge hatten einiges zu lesen und kamen kurze Zeit täglich an die Luft, so daß sie mit ihrem Lose wenigstens leidlich zufrieden sein konnten, besonders in Anbetracht des draußen tobenden Krieges. An das Totschlagen der Zeit war man ja schon gewöhnt. Und im übrigen ist das Problem der Haft noch das gleiche geblieben, als wie es vor hundert Jahren der junge Gustave Flaubert be­schrieb:

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, Sehnen sich die Häftlinge nicht nach dem Gefängnis zurück? In ihm hofften sie ja noch! Erst einmal draußen, hoffen sie nicht mehr. Durch die Mauern ihres Kerkers sahen sie das Land im Schmelz seiner Blüten, sahen es von Strömen durchflossen, mit gelbem Korn bestanden und mit Wegen, die von Bäumen beschattet werden doch der Freiheit ausgeliefert und damit dem Elend, sehen sie das Leben, wie es wirklich ist: arm, hart, voller Schmutz und Kälte....'

An Bert selbst trat aber bald etwas Unerwartetes heran. Ein freundlicher Aufseher fragte ihn eines Tages, ob er nicht den, Tröster abgeben möchte in der Zelle eines, Köpflers', wie man in Wien die zum Tode Verurteilten nannte, eines Mannes also, der auf die Bestätigung seines Urteils durch den Reichskanzler oder seine Begnadigung zu lebenslänglichem Zuchthaus