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zu verbringen hatte. Die Gefahr des Entrinnens seines Häftlings bestand nicht, denn die Gänge waren sämt­lich mit wuchtigen Gittern gegen die Treppen abge­schlossen.

Kaum saß jedoch Bert einen Augenblick dort, als weit hinten in einem der sich kreuzenden Gänge eine Tür mit aller Heftigkeit aufgerissen wurde, und ein Mann in verwahrloster Kleidung, wie sie das Leben in der Zelle verursacht, herausgestürzt kam, mit allen Zei­chen des Entsetzens, die Stirnadern geschwollen, lange Bartstoppeln im verzerrten Gesicht. Der Flüchtling riẞ im Nu die Augen aller Wartenden auf sich. Er lief wie von Furien gehetzt den Gang entlang, glitt auf dem Fließenboden aus, fiel hin und raffte sich sofort wieder auf, stieß eine Scheuerfrau an, die mit Besen und Eimer ihres Weges ging und aufschrie: ,, Jesusmariand- josef, alsdann Leut' gibt's auf der Welt!"

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Der Mann aber stürzte voll Hast weiter auf den Kreuzungspunkt der Gänge zu, den Lichtschacht am roten Sofa, machte einen Satz auf das letztere, von dem Bert aufgesprungen war und schwang sich, ehe ihn jemand zurückhalten konnte, über das halbhohe Ge­länder in die Tiefe des Schachtes, der vom vierten Stock bis zur ebenen Erde reichte, hinab.... In dem blitz­schnellen Vorgang lag eine solch mitreißende Kraft, daß ein heftiger Schauer über Bert dahinflog. Er hielt sich spontan die Ohren zu, um nicht das Aufprallen des Kör­pers, das Zerkrachen des Schädels auf den Steinen des Souterrains unten zu hören. Noch waren seine Nerven einer solchen Belastung nicht gewachsen.

Erst jetzt trat, wie er sah, aus dem Zimmer mit der aufgerissenen Tür ein stämmiger Gestapomann heraus, die Armeepistole schußbereit in der erhobenen Hand. Langsam kam er näher, als eile es ihm nicht, beileibe nicht. Als er die Situation überschaut hatte, lachte er kurz und heiser auf, steckte den Revolver in die Brust­tasche und rief über die Brüstung herunter: ,, Bringn's den Kerl wieder rauf zu mir, tot oder lebendig, das spielt keine Rolle!" Dann schlenderte er seinem Zimmer