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Bezüglich ihrer Gemütsverfassung schien es den mei­sten nicht besser zu ergehen als Bert selbst. Diese selt­sam verblichenen Gesichter, aus denen das Wesentliche ihrer Individualität schon ausgelaugt war- jahrelange Insassen dieser Höhlen darunter sahen sich mit for­schenden Blicken ins Antlitz, gierig nach etwas geistiger Kost, die sich wiederkauen ließ, so wenig auch in der Eile zu erhaschen war.

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Als alles sauber abgeschabt war, führte der Wachmann seine Schutzbefohlenen gemächlich zur Zelle zurück. Einem Häuflein lebendigen Todes glichen sie mehr als einem Trupp bedenklicher Staatsfeinde.... An Berts Tür, als der letzten, blieb der Beamte etwas stehen- und Bert fragte ihn in leiser Vertraulichkeit: ,, Sagen Sie mir, wie können Sie das alles mitansehen, mitmachen und mithelfen, wo doch ein anständiger Mensch mit blankem Ehrenschild sich voll Verachtung von solch einem Trei­ben, das aller Rechtspflege und jeder Menschlichkeit Hohn spricht, abwenden müßte das bitte?"

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sagen Sie mir

Die Miene des Beamten verschloß sich gleichsam bei dieser Frage, und es dauerte eine Weile, bis er achsel­zuckend zur Antwort gab: ,, Herr, darüber kann man schwer sprechen, nur denken und schweigen! Dennoch will ich Ihnen sagen: ich sehe jetzt seit drei Jahren das Verschiedenste und speichere es hier", er tippte an seine Stirn- ,, drinnen gut auf und meine Kameraden ebenfalls, soweit sie Männer geblieben sind.... Aber sehen Sie: Wir haben schon unter dem alten Kaiser gedient, dann unter dem letzten Monarchen, hernach und unter den Roten, später unter den Klerikalen schließlich unter dem braunen Regime von heute... meist brauchte man nur die Uniform etwas zu wechseln, nicht einmal die politische Gesinnung, so rücksichtsvoll war man ja damals noch. Geändert hat sich meistens wenig, bis auf die gegenwärtige Obrigkeit-- aber was wollen Sie: wir müssen dem Vaterlande weiter dienen, nicht dem jeweiligen Machthaber, in der gleichen Treue wie früher. Denn wenn wir das nicht täten, die

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