-
- 493
ling nie wußte, ob draußen Tag oder Nacht herrsche. Einen Meter von der Tür entfernt sperrte ein klobiges Gitter dickkantiger Eisenstäbe noch einen Vorraum von der eigentlichen Zelle ab.... Hierdurch war eine fast hermetische Absperrung von der Außenwelt erreicht worden, die mit keinem Laut, keinem Merkmal von irgendwelchen Vorgängen bis in die Isolierung dieser Höhle drang. Das war mehr als ein Kerker, das war schon ein Sarg.
Müde, zerschlagen, keines rechten Gedankens mehr fähig, unter der Nachwirkung jenes infernalischen Betäubungsmittels, das ihm von dem, Rollkommando' eingegeben worden war, lag Bert da. Anfänglich war eine wahre Lawine von Schlaf aus einem Berg von Müdigkeit und Erbitterung auf ihn niedergegangen. Jetzt war es wie ein Chaos um ihn, Fluten, Finsternis, Irrlichter und qualvolle Unruhe ohne Ende.
In der üblichen rostigen Blechschale wurde ihm das Essen vom Wachposten hereingestellt und wieder unberührt herausgenommen. Man ließ ihn einfach liegen, ohne sich um den Grund seiner Apathie Sorge zu machen
...
Der erste Gedanke aber, als sich der Nebel vor seinen Sinnen langsam zu lichten begann, und der Körper sein Recht zurückverlangte, war das Entsetzen, daß er den Kampf um die Freiheit wieder von vorn beginnen müsse. In unbeherrschten Momenten schien es ihm stets, als habe er nur geträumt von Haft und Lager, Flucht und Zirkus; als sei er vielmehr nach Wien von einem Erkundungsflug nach fernen Sternen zurückgekehrt. Und dazu noch diese lastende Tatenlosigkeit. Nichts nichts, was den Geist irgendwie beschäftigen und ablenken konnte, nichts Gedrucktes, keine Zeitung, wenngleich die Tagesneuigkeiten ihn kaum interessierten. Aber auch kein Buch und ein Buch fehlte ihm sehr, weil die Bücher ja die Gärten sind, in denen wir Vergessen finden können.... Er war in der Stimmung, die den Menschen befällt, wenn er total im Ungewissen über sein eigenes Schicksal und das seiner Lieben ist; wenn er das Rauschen der
-


