= 462 en ÜBER DIE GRENZE.
Ehe man sich’s versah, ging auch der Monat März zu Ende. Nun stand schon wieder der Abbruch des Doppelzeltes auf der Wiener Schmelz bevor, mit an- schließendem Transport des gesamten Gutes, Menschen und Menagerie über die altösterreichische Grenze nach Ungarn , dem Balkan entgegen.
Schnee und Eiszapfen waren längst aus dem Straßen- bild Wiens verschwunden. Bereits um die Mitte des Monats herum begannen. die Vögel ihr Flattern und Zwitschern in den Zweigen der Vorgärten und Parks. Allmählich erfüllte ihre Munterkeit die Luft bis zu den weißen Wölkchen hinauf, die über den seidig blauen Spiegel des Himmels schwammen.
Programmgemäß beschaffte sich Bert am letzten Tage seiner Arbeit in Wien noch den benötigten Be- triebsunfall, um Aufnahme im Lazarettwagen zu finden.... Es war ja für ihn keine ‚Affäre‘, einem der verdrossenen Seelöwen bei der Übung zu nahe zu kommen, indem er sich nach einem fortrollenden Balle bückte, worauf sich sogleich die scharfen Hauzähne des zuschnappenden Rachens auf seiner Kopfhaut ab- zeichneten und er mit blutüberströmtem Haupte” zu Mirko gebracht wurde. Zum Erstaunen von Joszy, der den Verletzten führte, hatte jener schon eine Wasch- schüssel voll Karbollösung und Verbandswatte in seiner Kammer vorbereitet, als ob er einen Unfall voraus- geahnt hätte.
Für Bert fiel hierdurch die letzte Vorstellung aus. Der Hausarzt— zwar ein Veterinär— nähte ihm flink den Skalp wieder fest und verband ihn kunstgerecht, während das Büro für die bevorstehende Reise ein gutes Fensterbett im Spitalwagen durch Ifina belegen ließ. Und als es am letzten Tage des März frühzeitig dunkel wurde, stand der Sonderzug von Güterwagen mit den gesamten Zirkusbeständen an lebendem und totem In- ventar komplett zusammengestellt da. Nur die Abfahrt verzögerte sich noch etwas infolge der komplizierten


