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soweit der Begriff, Prüfung hier gestattet ist, nur der konnte die Schwelle des Reviers überschreiten falls es für ihn nicht ohnehin schon zu spät war.

Im Verbandszimmer des Reviers amtierte eine Clique von, Grünen', die zwar von der Behandlung eines Patienten nichts verstand, aber um so diktatorischer über die Frage entschied, ob jemand dem Arzt zu prä­sentieren sei oder nicht. Angeführt wurde sie von einem zum Reviercapo avancierten Taschendieb, namens Bobby, der im Zivilberuf Lazarettgehilfe und ein so gewandter Bursche war, daß er leichtere Operationen, Blutsen­kungen und ähnliches zuverlässig ausführen konnte. Diesem Können stand aber eine Schroffheit im Behandeln der Patienten gegenüber, die außer einem SS.- Mann eben nur noch ein Vollverbrecher fertig bringen konnte.

Klugerweise besprach Dr. Hickmeyer aber den Fall mit ihm in solcher Weise, wie er es einem ärztlichen Kollegen gegenüber getan hätte, ihm höflich die Behand­lung des Fußes Berts überlassend. Dadurch geschmei­chelt, denn Bobby war wie alle talentierten, aber schiff­brüchigen Naturen der Schmeichelei überaus zugetan, erreichte der Arzt, daß der Capo den Verletzten zunächst über Nacht im Revier behielt und ihn am nächsten Morgen dem Lagerarzt vorführte, jenem Ignoranten aus der SS.- Junkerschule, der zwar ein Tölpel, aber nicht bösen Willens war. Er diktierte Bert acht Tage Revierbehandlung zu. Damit war Hickmeyers Ziel

erreicht.

Lieber Gott, wie wohl tat es, in dem schon leicht geheizten Krankenzimmer, ohne sich um Bettenbau kümmern zu brauchen, mit einem Buch in der Hand am Tisch zu sitzen, wenn es auch nur ein simpler Krimi­nalschmöker war, den er zur Lektüre vorfand. Durch das Fenster ließ sich auf den Ölberg hinausschauen, wo die kleinen schwarzen Pünktchen auf den Stein- und Sandflächen die arbeitenden Häftlinge verrieten... wie gut, ein paar Tage nicht zu ihnen zu gehören!

Am Abend kam Franzl ihn besuchen und brachte ihm eine Krücke mit, die den verletzten Fuß beim Gehen