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daẞ ungerechte Gewaltausübung die denkbar stärkste Macht vergeudung ist!"

Es ist Stillfried , der diese Worte spricht. Bert fesselt sofort der kluge, edle Ausdruck seiner Züge. Er sieht: hinter dieser hohen Stirn jagen Gedanken, leben Leiden­schaften, aber alles gesteuert durch eine hochherzige Sinnesart.

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,, Leider kümmert sie das nicht!" wirft Minister Lud­wig ein ,,, das gräßliche Gespenst des Argwohns begleitet eben die Kerls, wo sie gehen und stehen.... Und uns bleibt die Wahl, entweder zugrunde zu gehen an der seelischen Not oder ja, allerdings: oder in Tiefen zu sehen, die uns sonst unzugänglich geblieben wären!" ,, Seid unbesorgt, meine Lieben", betont Staatsrat Seeger ingrimmig ,,, wir haben ihnen ein Konto eröffnet, hier drinnen in der Brust, ein unauslöschliches Konto, dessen Buchungen aber nicht mit Tinte eingetragen sind, sondern mit Herzblut!"

Seiner Natur nach versöhnlicher, gesteht Bar von Barenfels: ,, Auch ich habe erst hier gelernt, wie sehr Kummer läutern und Leid befreien kann.... Freilich wissen die, beati possidentes' der Freiheit draußen kaum, was sie eigentlich für einen Schatz besitzen aber was hilft das? Mit Kassandrarufen kommt man nicht weiter!"

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Sehr aufrecht ruft dagegen Karwinsky aus: ,, A bah, uns bleibt wenigstens erspart, die vielen vom Sturm der Zeit so kläglich gekrümmten Rücken und die heuchlerisch erhobenen Hände zu sehen auch ein Vorteil! Denn weswegen sind wir eigentlich hier, Oberst? Weil wir nicht der Auffassung huldigen konnten, daß Regieren mit Blutvergießen und brutalem Gewissenszwang gleich­zusetzen ist!"

Bert freut sich einer solchen Äußerung, die seiner eigenen Anschauung voll entspricht. Er findet den Sprecher männlich schön in der förmlich elektrischen Kraft des Ausdrucks und der Gesten.

Einer in diesem Kreise hat bisher konstant geschwie­gen: Schmitz, das Oberhaupt der Stadt Wien . Er hat