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aufhebt, aber sie immerhin sinnvoll macht, für sie alle, die das Letzte und Bitterste eines Lebens zu durch­fühlen haben.

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Alle nehmen den Oberst mit offener Kamerad­schaftlichkeit auf, trotz der starken Ressentiments, die der Österreicher nicht ohne Berechtigung gewiß gegen den Reichsdeutschen hegt.... Und nicht ver­wunderlich ist es, daß Berts Beruf ihnen sogleich die Frage in den Mund legt: ,, Nun was halten Sie, der erfahrene Soldat, vom Kriege und seinen Aussichten?" Nicht ohne weiteres leicht, einer solchen Frage zu begegnen. Bert faßt daher seine Meinung so knapp wie möglich zusammen, indem er sagt:

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,, Es kann nicht zweifelhaft sein, das der deutsche Soldat wie im Weltkriege seine alte Bravour im Kampfe wiederum beweisen wird, ob in Eis und Schnee oder im Sand der Wüste, in den Lüften oder in den Fluten des Meeres... hoffentlich aber bewahrt er auch sein blankes Ehrenschild in der humanen Behandlung von Kriegs­gefangenen und Zivilisten... ich bin offengestanden darob arg im Zweifel angesichts der Führung, unter der er jetzt steht und deren wahre Gesinnung wir ja am besten an uns selbst verspüren! Und da Brutalität niemals zu einem dauernden Erfolge führt, glaube ich: die Schlachten zu Beginn wird er wohl gewinnen, aber kaum den Aus­gang des Krieges; denn ihn entscheiden selten reine Waffengewalt und Ausbeutung momentaner Macht, auf welche die Kurzsichtigen sich allein stützen werden...."

,, Kann sein", wirft da Karwinsky ein, dessen Ant­litz Bert anmutet wie das eines Kardinals der Renais­sancezeit. ,, Aber glauben Sie nicht, Oberst, daß sich unser Volk endlich losreißen wird vom Nazijoch, unzufrieden mit ihm, wie es in allen Berufsschichten ist?"

Bert atmet auf, daß ihn endlich wieder die gewohnte, leicht nervöse Luft umgibt, die überall dort herrscht, wo Menschen von Temperament leben. Er sieht, wie alle an seinen Lippen hängen und spricht daher halblaut und bedächtig:

,, Das Nazitum ist in meinen Augen eine geistige