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erfährt, der Capo des Krankenreviers, namens Heyden, vor dem gewölbten Bauche eine rotbraune Gummi­schürze, die fetten Arme entblößt.... Der Ausdruck , Capo' ist eine im Kz übliche Bezeichnung für lang­jährige Häftlinge, die zu bestimmten Aufgaben über andere Lagerinsassen gesetzt sind und als Kennzeichen eine gelbe Binde am Arm mit dem Aufdruck, Capo' tragen.

Heyden geht stracks auf den Leichnam zu und be­trachtet ihn mit der völligen Gleichgültigkeit eines Totengräbers von Beruf.... Na ja, der Kerl ist fertig, drückt seine Miene aus. Gut, im Lager macht das niemanden stutzig. Er zieht aus seiner Tasche eine Art Kofferfahne aus braunem Karton, mit Blumendraht versehen, nimmt dem Toten das Zettelchen aus der Hand, auf dem die Lagernummer des Neuen vermerkt steht jeder hat ein solches- und notiert diese Nummer mit Blaustift auf der Kofferfahne... so!

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Dann faßt er nach der großen Zehe des Mannes, hebt sie hoch und wickelt im Nu den Draht mit der Koffer­fahne um diese Zehe, läßt dann das Bein wieder fallen.... Damit ist die Prozedur beendet und der Leichnam regi­striert. Weitere Zeremonien, die etwa aus einer gewissen Ehrfurcht vor dem Tode herrühren könnten, wie sie jedem sittlich Empfindenden eingeboren ist, kennt das Kz natürlich beileibe nicht, wo denkt man hin! Viel­mehr packt der Capo nun den Leichnam bei den Armen und schwingt ihn mit einem gewandten Ruck, der den Praktiker verrät, auf seinen breiten Buckel und geht mit ihm gewichtigen Schrittes durch die Mitte ab Schluß!

Ein Auditorium von mehr als 500 Seelen ist dem Vorgang offenstehenden Mundes gefolgt. Die nackte Wurschtigkeit seiner Abwicklung empört nicht nur Bert, empört auch alle anderen.... Tja, wird da vielleicht mancher Heißsporn fragen: warum fallen sie denn nicht über den Kerl, den Scharführer, her, 500: 1, wie sie doch ihm gegenüber sind!- Leicht gesagt! Weil sie eben schon innerlich zerbrochen und ohne Spannkraft