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jeder auch noch eine geistige Livree anziehen- und dann spricht man noch von, Kulturpflege' in der großen Knebelungsanstalt, Drittes Reich genannt!"
Der Schluß seiner Worte rief einen Sozialisten am Tisch auf den Plan, der mit verächtlichem Tonfalle ausrief: ,, Ach, wahre Kultur ist in meinen Augen etwas, was man nur dort antrifft, wo nicht darüber gesprochen wird, die dem einzelnen Menschen innewohnt als etwas Selbstverständliches und nicht erst zu Erörterndes! Aber keine politische Bewegung hat unablässiger und pathetischer, gerade im Gefühl ihrer Sterilität, den Begriff, Kultur im Munde geführt als die Nazis... dabei schwingen sie voll blinden Eifers ihre Sensen über längst abgegrasten Gefilden..."
Er hatte aber noch nicht ausgesprochen, als vom Nebentische her jener junge Mann mit Adlernase über die ganze Zelle hinweg rief: ,, Stille jetzt, stört mich nicht! Ich verfasse gerade das Libretto zu einer tragischen Oper: Si j'étais Hitler'..., Wenn ich Hitler wär'!"
Dieser Einwurf gab dem Pfarrer Gelegenheit, mit einem Wink des Kopfes zu dem Dichter hin ganz vom bisherigen Thema abzuschweifen und mit tiefem Ernst zu sagen: ,, Glauben Sie mir, meine Herren, die Welt geht schwanger mit einem neuen Kriege! Und man wird dann erst sehen, daß die Juden eben doch das auserwählte Volk sind mit ihrem prophetischen Weitblick in die Zukunft... denn gegen ihren Willen treibt der Herrgott sie jetzt aus Deutschland heraus und die Vorsehung tut nichts umsonst, das weiß ich..."
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Die Zuhörer grübelten betroffen dem Gedankengang nach. Nur der Sozialist ging seine eigenen Wege, indem er erzählte: ,, Ich erinnere mich, bei Friedrich Wilhelm Foerster gelesen zu haben, was er von einem Vortragein St. Louis - drüben in den Staaten berichtete. Die versammelten Bürger und Frauen der Stadt wurden dabei zu einer laufenden Kontrolle der Zustände im durch eine zu wählende dortigen Gefängniswesen Kommission aufgefordert unter dem Hinweise:, jeder von Euch ist Gott Rechenschaft dafür schuldig, daß die
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