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Gefangenen in dieser oder jener Anstalt nicht zu dauern­den Feinden der Gesellschaft gemacht werden'

können Sie ermessen, wie weit unsere jetzigen Zustände in Deutschland von einer solchen Auffassung sozialer Pflichten entfernt sind?- Aber sehen Sie: das ist De­mokratie!"

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Nur ein Teil der Männer am Tisch stimmte ihm zu, der andere Teil erging sich in Widerreden. Schließlich griff auch Bert in die Diskussion ein, indem er auf­stehend sagte:

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Glauben Sie mir, alle Verurteilungen zu Gefängnis oder Zuchthaus, alle Verbannungen und Verstoßung von Würden und Ämtern, selbst Hinrichtungen sind eitel eine herrschend werdende Überzeugung auszurotten. Denn wenn politische Meinungen nur bestraft und unter­drückt, anstatt widerlegt werden, so leben sie nur um so intensiver fort. Diese Zuversicht, meine Kameraden, möchte ich euch vor meinem Scheiden noch zu eurer Tröstung geben, die ihr teils links, teils rechts eingestellt seid!"

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Er ging von dem unterhaltsamen Tisch durch die Mitte der großen Zelle für rund 25 Mann dem Fenster zu, den verschiedenen Gruppen ausweichend, die stehend oder umhergehend beisammen waren. Natürlich fehlte auch hier die Gruppe der Trübseligen nicht, beklagens­werte Tröpfe zumeist, die entweder mit ihren Gedanken nicht von dem häuslichen Chaos loskamen, das durch ihre plötzliche Entfernung von Wohnsitz, Beruf oder Geschäft entstanden sein mußte oder die so rück­ständig waren, ihre Haft unter dem gegenwärtigen Will­kürregime als eine untilgbare Schande anzusehen und sich kaum noch getrauten, aufzublicken oder einfach Heimwehkranke ganz allgemein, Leute jedoch, die trotz allen Seufzens und Stöhnens bei jeder Kostausgabe einen Appetit bewiesen, der für Drei ausgereicht hätte- Bert kannte das schon. Der Hauptteil dieses Schlages Men­schen aber saß wie kraftlos da und ließ sich von der Be­fangenheit ihrer Gefühle zu Tode martern. Jede Be­schäftigung mit ihnen war umsonst.

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