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DIE WARTEZEIT.
Inzwischen sind die beiden Männer an der Kaserne vorbei, vor das Tor der, Liesl' gelangt, dem Polizeigefängnisse, von den Wienern spaßhaft so genannt, weil es an der Kaiserin Elisabeth- Promenade gelegen ist.
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,, Alsdann geh'ma eini!" murmelt der Beamte zwischen den Zähnen, die noch immer den erloschenen Stummel festhalten. Sie treten durch die enge Glastür ein, passieren die übliche Kontrolle am Eingang. Dann geht es in die Aufnahmekanzlei, in der eine Menge bärtiger Typen alt- österreichischer Polizeiorgane vom brummigsten Kaliber hocken... hier fällt noch einmal zu Berts lebhafter Befriedigung das Wort: ,, Der hier kommt zur Entlassung!" wobei eine Reihe miẞbilligender Blicke über tiefsitzende Augengläser hinweg ihn treffen.
Nunmehr läßt Bert den Gestapomann bei dem Knäuel plaudernder Schergen zurück und geht auf das anschließende Kämmerchen zu, das jedem Häftling ohne Ausnahme am meisten verhaßt ist, weil ihm hier bei seiner Einlieferung kurz und bündig alles abgenommen wird, was für die Gefangenschaft als schädlich oder entbehrlich angesehen wird; als da sind: Hut, Taschentuch, Kragen, Krawatte, Hosenträger, Leibriemen, Taschenmesser, selbst Kamm und Schuhriemen; selbstredend alles Rauchzeug und Zündhölzer, Brieftasche, Uhr, Schreib- und Schmucksachen und so weiter... Zur knappen Not läßt man ihm, wie der Laie sieht, soviel, um seine Blöße zu bedecken. Geist, Gemüt und Schönheitssinn freilich dürfen weder abgegeben noch mitgenommen werden. Ihrer hat sich der Häftling in deutschen Gefängnissen bereits draußen zu entledigen.
Mit dem befriedigenden Gefühl, daß auf die Hergabe all dieser Dinge für ihn nun bald der Rückempfang folgen werde, durchschreitet Bert die Kammer, ohne sich um die Beamten darin zu kümmern und kommt wieder in den Hauptgang zurück, um die große Treppe zum dritten Stockwerk hinaufzusteigen, woselbst seine Zelle gelegen ist.
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