stamm Nordafrikas verbracht hatte. Couri und Danielle waren NN Häftlinge. Lange wußte man im Lager nicht, was diese Bezeichnung zu bedeuten habe, und auch nicht, welches Schicksal man diesen Frauen zugedacht hatte, denn die NN- Häftlinge durften weder Post erhalten. noch Briefe schreiben und auch keine Pakete empfangen. Später erfuhren wir, daß mit ,, NN" alle die durch den Nacht- und- Nebel- Befehl" der Gestapo Verhafteten bezeichnet wurden, und wir fürchteten, die Gestapo beabsichtige, sie zu liquidieren. Couri hatte in Ravensbrück ihre siebzigjährige Mutter, die zwar gesünder und kräftiger als die Tochter war, aber doch wegen ihres Alters in ständiger Gefahr schwebte.
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Anfang 1945 hieß es eines Tages, sämtliche NN- Häftlinge, alle Jüdinnen mit Kindern und alle Zigeunerinnen mit Kindern gehen auf Transport nach Mauthausen ! Wir zweifelten keinen Augenblick, daß ,, Mauthausen " Gas bedeutete; Couri und Danielle mußten gerettet werden. Der Transport verließ Ravensbrück , aber nicht nur beiden Freundinnen gelang es, sich zu verstecken, eine ganze Anzahl anderer hatten das gleiche getan. Jetzt bestand die große Gefahr, daß die SS alle verborgenen NN- Häftlinge mit Gewalt zusammentreiben
würde.
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unseren
Eines Sonntags, Ende Januar ich lag damals im ,, Sterbestübchen" des Krankenreviers wurde das Fenster, das zur Lagerstraße führte, von außen aufgestoßen. Anicka und Lille beugten sich herein und teilten mir erregt mit, daß gleich ein„, Generalappell" stattfinden werde und man unbedingt Couri und Danielle verstecken müsse, denn sicher suche man jetzt nach den NN- Häftlingen. Ich schlug vor, man solle die kleine, dünne Couri sofort ins Revier schmuggeln, damit ich sie unter meiner Bettdecke verbergen könnte. Es gelang, Couri hereinzubringen, sie stieg in mein Bett, das im zweiten Stock lag, krabbelte unter die Decke und machte sich so dünn, wie es nur ging. Vorläufig durfte der Kopf noch herausblicken, erst im Moment der Gefahr hatte sie ganz zu verschwinden. Ein Glück war, daß im ,, Sterbestübchen" nur zwei Betten standen. Unter mir lag eine totkranke Frau, deren Interesse für die Umwelt bereits erloschen war. Couri flüsterte mir zu, daß Danielle in den Dachstuhl einer Baracke, in den sogenannten vierten Stock, gekrochen sei, um dort den ,, Generalappell" zu überdauern.
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Wir waren guter Dinge, hörten, wie draußen die Sirene ging und die Häftlinge antraten und vernahmen das vertraute Gekeife der Blockältesten. Bei einem„ Generalappell" durfte niemand, auch die mit ,, Innendienstkarten" nicht, in der Baracke bleiben, und das Krankenrevier sowie die Krankenblocks wurden genau kontrolliert. Aber unter einer Bettdecke würde man schon nicht nachsehen. So hatten wir keinen Grund zur Besorgnis. Es dauerte mindestens schon eine Stunde. Couri wurde es heiß und heißer. Wir hörten auf der Lagerstraße Geräusche
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