des Konzentrationslagers, die es zu einem Aufbegehren dieses jungen Menschen gegen das Diktat der tschechischen Parteiobrigkeit von Ravens­ brück kommen ließen und die dazu führten, daß sich Inka immer leb­hafter für mich interessierte. Mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsgefühl und tief eingeborenem Wunsch nach demokratischer Entscheidung war sie entschlossen, sich ihr eigenes Urteil zu bilden, selbst zu prüfen, wer Freund oder Feind sei. Unsere Gespräche wurden immer häufiger und ernsthafter. Bald verging kaum ein Abend, an dem wir nicht mitein­ander diskutierten. Inka und ich wurden Freunde. Mein Zustand ver­schlechterte sich, und Inka half, wo sie nur konnte. Die Freundschaft mit mir blieb den tschechischen führenden Kommunistinnen nicht unbekannt, und sie begannen Inka zu warnen, als das aber nichts half, ihr sogar zu drohen, daß, wenn sie die Beziehungen zu mir nicht aufgäbe, man zu diszi­plinarischen Maßnahmen greifen müsse. Inka lachte sie aus. Unter den Frauen der Roten Armee galt als Autorität in allen politischen Fragen die alte Professorin Jewgenia. Sie arbeitete in der Materialbaracke bei Maria Wiedmeier. Inka stand als Kommunistin in engen Beziehungen zu vielen Frauen und Mädchen der Roten Armee und selbstverständlich auch zu Jewgenia, zu der sie bewundernd aufblickte. Ganz im Anfang unserer Freundschaft fragte sie einmal so nebenbei die alte Professorin, ob sie Heinz Neumann kenne oder je etwas von ihm gehört habe. Jewgenia verneinte. Als man Inka. nun aus ,, Wachsamkeitsgründen" immer energischer zur Ordnung rief, wurde sie eines Tages zu Jewgenia zitiert, in der Annahme, daß sie sich vor dieser entscheidenden Partei­instanz beugen würde. Da wurde ihr zur größten Verwunderung u. a. mitgeteilt, daß mein Mann, Heinz Neumann , ein furchtbarer Verbrecher gewesen sei, der im Wolgagebiet Fabriken in die Luft gesprengt und dadurch das Leben Hunderter russischer Arbeiter auf dem Gewissen habe. Da ließ es sich Inka nicht nehmen, die alte Jewgenia daran zu erinnern, daß sie ja vor kaum einem Monat einen Heinz Neu­ mann weder gekannt noch irgend etwas von ihm gehört habe.

Im Januar 1945 bekam ich durch die Furunkulose eine Blutvergif­tung, und ohne Inkas Hilfe wäre ich wohl kam am Leben geblieben. Sie setzte meine Aufnahme ins Krankenrevier durch und behandelte mich mit gestohlenem Prontosil. Ich lag im ,, Sterbestübchen", und Inka ver­schwendete ihre ganze Fürsorge und Zuneigung, um mich wieder gesund zu machen. Die tschechische Parteiführung in Ravensbrück beschloẞ, Inka wegen der Freundschaft mit der Trotzkistin" Grete Buber aus der Kommunistischen Partei der CSR auszustoßen. Man machte außerdem den Versuch, einer Reihe anderer junger tschechischer Kommunistinnen den weiteren Verkehr mit Inka zu verbieten.

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