und schilderte die verzweifelte Situation, in:der sich der Alte Fri nach der Niederlage. von Kunersdorf befand, aber oh Wunder Elisabeth von Rußland starb und damit wandelte sich seine politische Lage augen- blicklich zum Guten. Solch ein Artikel imSchwarzen Korps schien mir ein sicheres Zeichen der nahenden Niederlage des nationalsozialistischen

Deutschland . *

Vor dem Zellenfenster lag ein kleiner Gefängnishof. Dort gingen die Sonderhäftlinge und eingesperrte männliche und weibliche SS -Aufseher in.der Runde. Einmal rief eine Männerstimme zu irgendeiner Zelle hin- auf:Hast du schon das Neueste von Tunis gehört?! Mehr konnte ich nicht verstehen. Ich klopfte Betty, aber sie wußte natürlich nichts, denn ihre Liebesbeziehung durch die Wand zu Karl hatte gerade die erste Trübung erlitten, und das beschäftigte sie völlig. Sie schlug mir vor, die Männer in der Zelle unter mir zu fragen, bei denen wäre vielleicht ein Politischer. Das tat ich dann. Es dauerte eine geraume Zeit, bis die Ver- bindung hergestellt war. Ich fragte:Hast du Neuigkeiten von der afrikanischen Front gehört?! Er antwortete:Wie heißt du denn? Wie alt bist du? Aus welchem Block? Nachdem ich seine Neugier befriedigt hatte, ließ sein Interesse sofort nach. Ich hätte klüger daran getan, Bettys Methode anzuwenden. Aber mich interessierte doch Tunis und die da unten Frauen. f%

Beity verzehrte sich vor Eifersucht. Karl und die beiden andern Männer waren nicht in Dunkelarrest, und da hatten sie sich, wenn die Sonderhäftlinge spazieren gingen, am Fenster hochgezogen und mit einer jungen Rumänin unterhalten. Ich hörte von außen den Ruf:Härr Karräl!!, danach Gespräche und Gelächter durchs Zellenfenster und so- gar Lieder. Abends tönte es zweistimmig zum Gefängnishof hinaus: Gute Nacht, gute Nacht, gute Nacht! Schlafe wohl, liebes Kind. Gute Nacht!... Wenn die Sterne am Himmel erscheinen, gute Nacht... und ein heiteresdankeschän, Härr Karräl! war die Antwort. Dann trom- melte Beity mit den Fäusten auf den Fußboden und bedachte Karl mit einer Flut von Verwünschungen. Die schöne Harmonie war zerstört...

Wieder eines Morgens, bevor noch der Zellenbau erwachte, wurde leise die Klappe an meiner Eisentür geöffnet, und die Bibelforscherin zog ein Päckchen aus dem Kleid. Atemlos, mit entstelltem Gesicht flüsterte sie:Grete, ich bitte dich, darf ich Milena sagen, daß du es nicht mehr wünschst, solche Päckchen zu bekommen, weil es zu gefährlich ist? Bitte, soll ich ihr das bestellen?! Vor so viel erbärmlich zitternder Angst konnte ich nicht anders, als ihr zu sagen:Ja, ich verbiete Milena, weiter- hin etwas zu schicken! 2

Anfang Juli, ich war lange nicht beim Verhör gewesen, kamen vor- mittags die Aufseherin Binz und die Kalfaktorin mit einer Stehleiter in

248