janzen Rock hatteste auf'm Hintern. Vor fufzich Fennche biste mitje­jangen!" und die Angegriffene keifte zurück: ,, Halt du man dein Rand! Dir würde was janz andres blühen, wennse wüßten, wo du drin ver­wickelt bist! Immer noch besser ne anständije Straßenfrau als son Mist­stück wie du!" Diese Intimitäten hatten die beiden Streitenden sich natürlich kurz vorher, als sie noch treue Freundinnen waren, unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt. In einer anderen Gegend des Schlafsaals sang man schmelzend: ,, Mamatschi, schenk mir ein Pferdchen, ein Pferdchen wär mein Paradies..." und über mir versprach Gerda, der Hannelore beim nächsten Einkauf ein Kuchenbrot zu schenken, und Hannelore erwiderte überschwenglich: ,, Wenn wir rauskommen, kriegst du alles wieder. Ich habe meine Koffer bei ner Wirtin von früher unter­gestellt, und das kannste mir glauben, ich war immer pickfein in Schale!"

Im Konzentrationslager spielen Freundschaften eine ganz andere Rolle als in der Freiheit. Das Niveau einer Freundschaft entspricht der Mentalität der Partner. Das muß man bei den Prostituierten berück­sichtigen. Da wurden Freundschaften geschlossen und sofort wieder ge­brochen. Gestern noch hatte Annemarie der Lieselotte ihr Herz ausge­schüttet, ihr alles, ja auch alles erzählt, ihr eine halbe Ration Brot ge­schenkt und Treue geschworen bis ans Lager- oder Lebensende. Da bekam Annemarie beim Wäscheausteilen eine Hose mit kurzen, eleganteren Beinen und die kleine Lieselotte eine riesige: ,, Annemarie, tausch mit mir, du bist doch größer! Gib mir deine Hose!", Was", zeterte die treue Freundin los ,,, das könnte dir so passen. Hab ich mal was An­ständiges, willst du's mir gleich wieder ablotsen. So hast du's ja dein Leben lang gemacht! Sonst wärste ja auch nich in so'n miesen Puff je­landet! Da hätt' dir deine Schwester auch weiterjeholfen!" und so ging es toller und toller, bis zum Schluß eine der treuen Freundinnen ent­weder zur Block ältesten oder zur Aufseherin rannte und irgendeine ge­stohlene Kohlrübe oder weggenommene Nähgarnrolle ,, meldete".

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Und dann das Klauen! Auf ,, Kameradendiebstahl", wie das so klangvoll von der SS benannt wurde, standen fünfundzwanzig Stock­hiebe, bis zu vierzig Tagen Dunkelarrest und manchmal noch Strafblock.

,, Stubenälteste, mir habense heut nacht das Brot ausem Schrank je­klaut!" kam morgens weinend eine mit entsetztem Gesichtsausdruck zu meinem Bett gestürzt. ,, Stubenälteste", schluchzte sie weiter ,,, ich weiß jenau, wer das war! Ich habse jestern abend im Bett kauen hören, das war schon lange nach der Sirene! Und ihre eijne Ration hatte se gleich nachem Austeilen runterjeschlungen!" Und schon mischte sich ein ganzer Schwarm anderer ein. ,, Was, dir sollnse Brot jeklaut haben?! Daß ich nich lache! Den Dreh kennen wa doch schon! Du denkst wohl, die neue Stubenälteste fällt drauf rein!"

Ich versprach, die Angelegenheit zu untersuchen und neigte dazu,

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