die für einen Kasernenhof ausgereicht hätte:„ ,, Ruhe da! Mundhalten!" und augenblicklich herrschte tiefes Schweigen. Eine Stubenäiteste wies immer je zwei Zugängen ein schmales Kasernenspind an, in welches wir nach fester Vorschrift das Geschirr zu stellen, das Besteck zu legen und die Tücher zu hängen hatten. Das Geschirrtuch z. B. mußte in Form einer Herrenkrawatte zusammengefaltet an der Spindtür prangen.
Dann schleifte man große, metallene, hermetisch verschlossene Essenkübel herein. Sie wurden auf Schemeln vorn am Fenster bei der Eingangstür in den Tagesraum postiert, und die Blockälteste, eine große Ausschöpfkelle schwingend, stand drohend und kommandierte: ,, Wenn nicht sofort Ruhe eintritt, gibt's kein Essen!" Alle drängten sich nach den Schränken, um das Eẞgeschirr zu holen, und dann mußten wir in langer Schlange, die sich um Tische und Schemel wand, antreten, um einzeln die Suppe in Empfang zu nehmen. Mein erstes deutsches Lageressen war ein süßer Brei mit Backobst. Mein Staunen kannte keine Grenzen. Als aber anschließend jeder Häftling eine große Ration hellen Brotes, ein Stück Wurst, etwa 25 Gramm Margarine und einen Löffel Schmalz erhielt, wandte ich mich sprachlos an einen„ ,, alten" Häftling und fragte: ,, Sagen Sie bitte, kommt vielleicht morgen eine Besichtigung nach Ravensbrück ? Oder ist irgendein Fest?" Sie schüttelte den Kopf und ihr Blick schien an meinem Verstand zu zweifeln: ,, Nein. Wieso denn?" ,, Gibt es immer solches Essen hier?" zu viel?!"
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,, Ja! Ist Ihnen das ,, Aber nein, ich dachte nur... ." und ich schwieg verlegen. Irgendwo in der Ferne tönte die Lagersirene, und ein kategorisches ,, Antreten zum Zählappell!" erfüllte die Baracke. ,, Schemel hoch!" war das nächste Kommando. Man stülpte die Sitzgelegenheiten mit den Beinen nach oben auf die Tische, damit ausgefegt werden konnte, und die Hunderte Frauen drängten sich heraus auf den Gang zwischen den Baracken und nahmen in Fünferreihen Aufstellung.
,, Ausrichten! Ruhe da! Wird's bald!" tönte es immer abwechselnd aus dem Mund der Block- und Stubenältesten. Ich stand ganz am Ende und erblickte hinter den Baracken die hohe Lagermauer mit dem fünffachen Stacheldraht. Auf einem Rasenwall unterhalb der Mauer war ein schwarzes Brett in den Boden gesteckt und darauf leuchtete weiß ein Totenkopf mit gekreuzten Knochen. Ich fragte flüsternd meine Nachbarin: ,, Was hat denn das zu bedeuten?" Weißt du denn nicht, daß der Stacheldraht mit Starkstrom geladen ist?! Hast du nicht gehört, was heute hier passiert ist? Das mit der Zigeunerin?" Ein donnerndes ,, Ruhe da!" ließ uns sofort verstummen. Wir zwinkerten uns mit den Augen zu: ,, Auf nachher!"
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Und wir standen und standen. Immer wieder wurden die Reihen ausgerichtet, oder die Stubenälteste befahl einer: ,, Bind' mal dein Kopftuch richtig!" Dann erscholl ein schneidiges ,, Achtung!" und irgendwelche
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