geschnitten und fein säuberlich auf eine große Platte geschichtet. Am Küchentisch aber saß der muntere Sachse aus unserem Transport, drehte die große Kaffeemühle, und auf seinem Knie schaukelte das Töchterchen der Wirtin.

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Als wir schon drei Tage Gäste in der ,, Herberge zur Heimat" waren und wieder begannen, unsere Lieder zu singen und so losgelöst dahin­lebten, wie das nur Häftlinge können, für die jede glückliche Stunde die letzte sein kann, öffnete sich die Tür der Wirtsstube, und ein Schwarm Uniformierter trat ein., Achtung! Aufstehen!" Es war die SS- und Gestapoobrigkeit von Schwiebus . Man betrachtete sich den Fang. Einer wandte sich in einer Rede an uns: Ihr habt ja nun die Segnungen des Kommunismus am eigenen Leibe verspürt! Da kann man euch wohl als geheilt betrachten?... Ihr kehrt in ein anderes Deutschland zurück. Selbstverständlich werdet ihr eine Umschulung durchmachen müssen, be­vor man euch wieder der Ehre teilhaftig werden läßt, am Aufbau des Großdeutschen Reiches mitzuhelfen... Zum Schluß werden wir stehend und mit erhobenem Arm das, Deutschlandlied' singen!" Zögernd hoben die Männer den Arm hoch, und es waren nur wenige, die es wagten, nicht mitzusingen, unter ihnen der jüdische Emigrant aus Ungarn .

Noch lange nachdem die Meute wieder gegangen war, saßen alle mit hängenden Köpfen und konnten einander nicht ins Gesicht blicken. ,, Was verstehen die wohl unter Umschulung?"- ,, Vielleicht werden sie uns gar keine Prozesse machen, sondern nur für ein paar Monate in ein Lager sperren?", so sprachen die Optimisten unter uns. Der junge Leipziger, der sich vor wenigen Wochen geweigert hatte, über die Brücke in Brest­Litowsk zu gehen, wurde von Tag zu Tag aufgeregter. An keiner Stelle hielt er es länger aus als ein paar Minuten. Warum versuchte er eigent­lich nicht zu fliehen? Was hielt die anderen davor zurück? Ob nicht doch alle noch hofften, daß es schon nicht so schlimm werden würde? Ein kommunistischer Abgeordneter aus Mitteldeutschland , namens König, sang schmelzend: ,, Nach der Heimat möcht' ich wieder.." und ein Männerchor hatte sich gebildet, dessen Lieblingslied war: ,, Drei Zigeuner sah ich einmal.", wobei sie besondere Inbrunst auf den letzten Vers verwandten: ,, Dreimal haben sie mir gezeigt, wenn das Leben uns nachtet, wie man's verschläft, verraucht und vergeigt, wie man es dreifach verachtet...!"

Auch Gespräche über die Zukunft wurden wieder geführt. ,, Wenn ich das KZ hinter mir habe, werde ich nur noch ein Privatleben führen. Nie mehr will ich etwas mit Politik zu tun haben", konnte man immer wieder hören. Die Jüngeren unter den Männern fürchteten: Na, sie werden uns ja gleich zu den Preußen holen, da geht's im selben Stil weiter, wie wir's schon gewohnt sind."

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Einige versuchten, mit der Außenwelt Verbindung anzuknüpfen,