-
machen, um wieder zu meinen Kindern zu kommen?" Was konnte ich ihr raten? Es war erschütternd. Nur trösten konnte ich sie: ,, Du wirst sicher eine Wiederaufnahme deines Verfahrens erreichen. Hast du noch ,, Nein, Verwandte draußen, denen du eine Mitteilung machen kannst?" aus meinem Ort sind alle verhaftet." Als wir da so aẞen, kam eine dichte aufStaubwolke über die Steppe. Meine kleine Kasakin wurde ganz geregt: ,, Da kommen meine Leute, es sind Hirten!" In ungefähr hundert Meter Entfernung ließen sich zwei Hirten nieder, und wir sahen, wie sie ein Feuerchen machten, um sich Essen zuzubereiten. Die Hirten waren auch Häftlinge, die aber, da sie tagelang mit den Herden durch die Steppe wandern, ihre Lebensmittelration für längere Zeit ausgehändigt bekommen. Und es war allgemein bekannt, daß es ihnen in dieser Hinsicht sehr gut ging, denn da stirbt eben mal ein Schaf, und dann haben sie Hammelbraten.„ Geh doch zu ihnen hin, das sind ja Kasaken, die werden dir etwas zu essen geben!" forderte ich sie auf.„ Aber was denkst du, eine Mohammedanerin darf doch nicht so einfach zu Männern gehen." ,, Du bist doch jetzt im Lager, da ist das etwas anderes", versuchte ich sie zu überreden. Aber sie war unerschütterlich. Wir arbeiteten wieder eine Weile, weil das aufgepflanzte Bajonett in der Ferne auftauchte. Meine junge Kasakin ließ keinen Blick von den Hirten, und als wir wieder unbewacht waren, begann sie auf einmal zu singen, in einer ganz merkwürdigen Tonlage, so wie eine Art Flöte, wo sich immer nur zwei Töne abwechseln. Sofort hatte sie erreicht, was sie so sehr wünschte, was die mohammedanische Religion aber nicht erlaubte: die Hirten blickten auf und antworteten mit dem gleichen Getriller. Eine Weile währte dieser seltsame Wechselgesang, dann näherte sich der eine, blieb in einer Entfernung von zehn Metern stehen, machte eine Verbeugung und begann eine Unterhaltung, von der ich natürlich keine Silbe verstand. Danach lud er uns mit einer abermaligen Verbeugung und großartigen Handbewegung zum Hirsebrei ein. Und der war mit Hammeltalg bereitet, eine köstliche Delikatesse. Nur unsere Angst vor dem Wachposten ließ uns nicht ganz in seinen Genuẞ kommen.
-
Im Ziegelabschnitt blieb ich nur ganz kurze Zeit. Eines Abends rief mich der Natschalnik: ,, Buber- Nejman, sofort fertig machen mit Sachen!" Aus dem Rayonabschnitt Burma war ein Lastauto gekommen, um mich als Einzeltransport abzuholen.„ Einzeltransport, das bedeutet bestimmt Entlassung!" schrie alles durcheinander. Küsse und Umarmungen von allen Seiten. ,, Gretuschka, vergiß uns nicht in der Freiheit!" ,, Dawaj, dawaj! Was soll dieser Blödsinn! Schneller, rauf aufs Auto!" Und ich winkte meiner Brigade mit beiden Händen zum Abschied.
114
-


