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seine Frau auch?" ,, Aber nein, Teruel ist doch eine Stadt." Gotteswillen, man verhaftet schon ganze Städte!"
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- ,, Um
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In unserer Nachbarschaft im Nepflügel lebten viele alte Polinnen, deren Männer im Laufe der letzten Monate weggeschleppt worden waren, Frauen, von denen viele über 60 Jahre alt waren. Ihre Männer waren alte Bolschewiken und sie treue, gläubige Kommunistinnen, oft schon seit Jahrzehnten. Eine von ihnen, Frau Waletzki, hatte ihre Kindheit in Sibirien verbracht, als Tochter politischer Verbannter der Zarenzeit. Aus der polnischen Sektion der Komintern war keiner mehr in Freiheit. Selbst den alten 70jährigen Warski, der ein Freund Lenins gewesen war, verschonte man nicht. Das Heim der ,, Alten Bolschewiken" sowohl in Leningrad als auch in Moskau wurde mangels Insassen geschlossen. Die ganze Nacht hindurch fuhren in jener Zeit die Autos der NKWD durch die Straßen Moskaus zur Lubjanka. Unter der Masse der Verhafteten bildeten die Ausländer nur einen kleinen Teil, aber wir erfuhren zuerst und vor allem über deren Schicksal. Da holte man Deutsche, Polen , Litauer, Letten, Finnen , Bulgaren ebenso wie die Vertreter der östlichen Völker, Chinas und Japans . Kaum angetastet wurden Engländer, Franzosen und Amerikaner.
Einmal meinte Michailina trocken:„ Langsam gewöhnt man sich ans Verhaften, ob es beim Erschießen auch so sein wird?"
Jetzt waren schon 14 Tage seit der Verhaftung von Heinz vergangen. Jeden Tag stand ich in der Schlange vor einem anderen Gefängnis. Vor der Lubjanka, vor Sokolniki, vor Butirki und dem Militärgefängnis Lefortowo. An allen Schaltern mußte ich hören: ,, Er ist nicht hier!" Vor allen Gefängnissen war das gleiche Bild. Hunderte Frauen drängten sich, um ihre verhafteten Männer zu suchen oder falls sie sie schon gefunden hatten, die monatlichen 50 Rubel einzuzahlen, denn das war die einzige Vergünstigung für politische Untersuchungshäftlinge. Da hatte ich gemeint, man könne Pakete abgeben, Briefe schicken oder etwa sogar eine Besuchserlaubnis bekommen. Nein, so etwas kannte man in der ,, Sowjetdemokratie" nicht.
Und dann kam der glücklichste Tag in diesen ersten Wochen des Herumirrens von einem Gefängnis zum anderen. Man nahm am Schalter mein Geld entgegen. Heinz saß in der Lubjanka. In meiner Erregung zahlte ich gleich 50 Rubel ein, obgleich die Frauen mich unterrichtet hatten, man solle zweimal im Monat je 25 Rubel hinbringen, weil man dann eine Kontrolle hat, wo sich der Verhaftete befindet. Aber das vergaß ich in meiner Freude. Ich unterschrieb eine Quittung über das eingezahlte Geld, und die mit mir wartenden Frauen hatten mir mitgeteilt, daß dieses Stück Papier mit meiner Unterschrift dem Verhafteten zum
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