Passierschein, und die Chefärzte und Unterabteilungen wurden auẞerdem ersucht, Patienten, welche den Wunsch nach geistlichem Zuspruch äußerten, namhaft zu machen. So wurde es möglich, gelegentlich sogar den Wunsch Sterbender nach Erteilung des Abendmahls noch spät abends zu erfüllen.
Hindernisse für den Besuch des Gottesdienstes wurden nach Mögkeit beseitigt. Sabbatruhe, geschweige denn Sonntagsruhe gab es nicht; nur ganz selten, bei den großen Feiertagen, ruhte die Arbeit, aber auch dann nicht bei gewissen Betrieben, die für die Wehrmacht arbeiteten, so zum Beispiel bei der Glimmer- Abteilung, in welcher viele Frauen, in langer Arbeit bei weitem Hin- und Rückweg, Glimmerplatten herstellen mußten. Viele konnten daher, da der Arbeitsdienst sehr streng war, den Gottesdienst nicht besuchen. Es wurden daher im Einverständnis mit dem Arbeitsamt den Betroffenen Bescheinigungen ausgestellt, daß sie Mitglied der Gemeinde seien und daß gebeten würde, ihnen wenigstens einmal im Monat Urlaub für den Gottesdienst zu erteilen. Diese Maßnahme bewährte sich in vielen Fällen. Aber letzten Endes hing die Bewilligung des Urlaubes doch von der Einstellung des Abteilungsleiters und davon ab, ob er glaubte, der SS. gegenüber irgendeine Einschränkung der Arbeit verantworten zu können.
So konnte sich das äußere Leben der Gemeinde im allgemeinen planmäßig gestalten.
Rückwärts betrachtet, muß anerkannt werden, daß die Verwaltung einer gesollt und gewollt rein jüdisch aufgebauten Gemeinschaft, die naturgemäß eine christliche Gemeinde als einen Fremdkörper empfinden mußte, im ganzen doch großes Entgegenkommen bewiesen hat.
Auf dieses Entgegenkommen ist es vielleicht nicht ohne Einfluß gewesen, daß die Ansprüche darauf gelegentlich mit erheblicher Schärfe vertreten wurden. Als charakteristisch dafür mögen folgende zwei Schreiben an den Ältestenrat angeführt werden:
Theresienstadt, den 4. August 1943.
Dr. A. Goldschmidt
Q 307
An den Ältestenrat
z. Hden. von Herrn Dr. Eppstein.
Die christlichen Gemeinden sind dadurch schwer betroffen, daß der ihnen neuerdings als Kirchenraum zugewiesene und für die Anzahl der Teilnehmer am Gottesdienst besser ausreichende Bodenraum Q 319 durch anderweitige Belegung wieder fortgefallen ist, so daß bereits am Sonntag, den 1. 8. 1943, die Gottesdienste ausfallen mußten.
Wenn auch nicht alle, so ist doch ein großer Teil der christlichen Ghetto- Insassen, vielleicht eine größere Anzahl als früher, infolge der Ereignisse von einer tiefen Religiosität erfüllt, finden in dem Glauben
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