unseres Vertrauensmannes, die ihm als Deckung gegenüber Hildesheim genügten und die er niemals nachprüfte. Einen gewissen ,, Ersatz" für eine fortlaufende Kontrolle bildeten Schilder, von denen er je eines in jeder Stube anbringen ließ und auf denen, wie dies in Gefängniszellen üblich ist, die Insassenschaft des Raumes namentlich aufgeführt war. Wir haben allerdings diese Gefängnisschilder, die uns schon als solche recht un­sympathisch waren, bald wieder verschwinden lassen, ohne daß sie von unserem neuen Lagerführer jemals vermiẞt worden wären. Die Aktivität Hausers war im übrigen auch dadurch gelähmt, daß Robert, der nunmehr abgesetzte ,, Lagerführer", der er streng genommen niemals gewesen war, aus bitter gekränkter Eitelkeit sehr erheblich gegen Hauser intrigierte und ihm einen Knüppel nach dem anderen zwischen die Beine warf. Be­sonders wegen unserer Verpflegung ließ Robert sich nicht in seine Kar­ten gucken, und Hauser resignierte hier, wie auch auf anderen Gebieten seines ,, Führertums" sehr bald.

Nur in drei Dinge mischte er sich nachdrücklicher ein, als es unser Robert bisher getan hatte: Nämlich erstens versuchte er die Verschalung unserer Baracken doch noch zu bewerkstelligen, da er einsah, daß bei einem Ansteigen der Kälte sonst das ganze Lager krank werden würde. Hierbei erzielte er einen glatten Mißerfolg. Das Holz, das die Bahnver­waltung zu diesem Zwecke bestellt hatte, war noch nicht einmal ge­schnitten. Zweitens ging er ständig mit unseren Kranken zu dem Lager­arzt und wohnte dem Theater, das die Sprechstunden unseres Paracelsus waren, mit großem Ernste bei, offenbar, um einen Überblick über die Na­tur und die Bedeutung der bei uns auftretenden Krankheiten zu ge­winnen; in dieser Beziehung war auch er ein richtiger Kleinbahnbeamter: Überflüssigerweise durfte der Bahn auch durch Krankmeldung keine ein­zige Arbeitsstunde verlorengehen. Drittens versuchte er schließlich, und das auf ausdrückliche Anweisung Sachses, eine radikale Beschränkung unseres Postverkehrs durchzuführen.

32. Rationierte und zensierte Briefe.

In den Richtlinien der Gestapo war eine bisher überhaupt praktisch nicht in Wirksamkeit gesetzte Bestimmung enthalten, wonach wir alle vierzehn Tage höchstens einen zwei Seiten langen Brief schreiben durf­ten und auch diese kärgliche Post der Zensur des Lagerführers auf poli­tische Unbedenklichkeit unterlag. Diese Bestimmung wurde nun wie alle anderen auf Veranlassung des ängstlichen Herrn Sachse unverzüglich in Kraft gesetzt, aber sie ist trotzdem in Wirklichkeit niemals in Kraft ge­treten. Hauser hatte zwar die ausgehende Post zunächst zur Durchsicht zu Sachse zu bringen, und sie dann am Bahnhof oder auf dem Postamt aufzugeben, wobei er zugleich an unser Lager eingegangene Post in Emp­fang nehmen konnte.

Wir hatten aber, da wir unmittelbar an der Bahnlinie saßẞen, so viele Möglichkeiten, unsere Briefe ,, illegal" zu befördern, daß uns dieses Ge­stapogesetz, das auch lediglich den Zweck befolgte, uns unseren Fa­

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