arischen Frauen von uns Imis sollten auch auf diesem Wege zu der„Ein- sicht” gebracht werden, daß sie sich von ihren Männern, die für sie und ihre Kinder nicht mehr sorgen konnten, trennen müßten. Auch dieses Mittel hätte aber, wie ich unsere Schicksalsgenossenschaft und deren Frauen kennengelernt habe, allerdings auch bei längerer Dauer des Dritten Reiches durchweg nicht verfangen.
Zwei der unseren, nämlich der Chauffeur Welicki aus unserer„Elite- stube” und der Bulldoggfahrer, frühere Hafenarbeiter und Cafehaus- musiker Weiß, wandelten derart intensiv auf Liebespfaden, daß sie zu einer Gefahr für das ganze Lager wurden, Abgesehen davon, daß dieses Beispiel zweier älterer Schicksalsgenossen von unserer Lagerjugend sehr bald nachgeahmt werden konnte, wobei unser ganzes kleines Staats- wesen zu Bruch gehen mußte, hätte es schon genügt, wenn der eine oder andere der beiden Übeltäter gefaßt oder denunziert worden wäre, um uns allen endgültig den roten Streifen zu bescheren und das Lager- tor wohl für dauernd zu verschließen. Wir waren also gezwungen, ein- zugreifen und das„Iribunal” erstmalig zu einer seinem an sich miß- verständlichen Namen entsprechenden Wirklichkeit zu machen. Wir beraumten eines Abends in unserer Stube eine„Gerichtssitzung'' an, zu der unser ganzes Lager erschien, zu Anfang nur mit Ausnahme des „Angeklagten Weiß, der vorgegeben hatte, noch einen notwendigen Gang tun zu müssen, aber mit dem Versprechen, rechtzeitig wieder zur Stelle zu sein, fortgegangen war. Unsere Justiz verlief halb im Stil der mittelalterlichen Feme und halb in dem eines„Schöppenamtes” unter der Gerichtslinde eines der Schweizer Urkantone, Um eine„Feme ” handelte es sich insofern, als niemand außerhalb des Lagers und vor allem nicht die Bahnverwaltung und unser sogenannter Lagerführer etwas von der Sache wissen durfte, Wir waren also ein ebenso„heim- liches Gericht”, wie weiland die in einer dunklen Höhle unter finsteren Vermummungen versammelten Freigrafen der„Roten Erde”. An Uri, Schwyz oder Unterwalden von ehedem erinnerte die Tatsache, daß unsere gesamte Bürgerschaft, um„das Recht zu finden”, zusammentrat, und ich glaube gehört zu haben, daß sogar heute noch in den Kantonen Glarus oder Appenzell die gesamte Volksgemeinde„umgeschnallt" auf dem Marktplatz erscheint, um über Gesetze und Rechtssprüche zu be- raten, abzustimmen und zu beschließen. So altertümlich, wie es zunächst den Anschein haben konnte, war also unser improvisiertes Gericht nicht einmal,
Der Fall Welicki lag recht einfach, da der Angeklagte zum großen Teil geständig war, und im übrigen auch nicht schwer. Welicki war mit seinem Schifferklavier in das Polenlager, und zwar natürlich in die Ba- racke gegangen, in der die ebenso feurigen wie meist auch hübschen Polenmädchen wohnten, Dort hatte er zur Freude der Weiblichkeit von der Weichsel die drei Schlager vorgespielt, die er spielen konnte, Mehr
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